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Delta DM-​19 

Trägerrakete

Delta DM-19

Am 20.04.1959 erteilte die NASA der Douglas Aircraft Co. den Auftrag zur Entwicklung und zum Bau von 12 Trägerraketen Thor-​Delta. Unter dieser Bezeichnung verbarg sich eine verbesserte Thor-​Able/Thor-​Able Star (ex Thor-​Epsilon), allesamt Entwicklungen im USAF Auftrag. Als Grundstufe sollte eine verbesserte Variante der Thor eingesetzt werden, die letztlich auf der DM-​18 C basierte, die Anfang 1960 drei erfolgreiche Flüge innerhalb eines R&D Programms der USAF absolviert hatte. Das Projekt erhielt die Bezeichnung DM-​19 . In dieser Ausführung erhielt die Thor eine völlig neue Lagesteuerungssektion und Kreiselplattform. Am Heck stabilisierten vier kleine Finnen die Rakete zusätzlich während des Aufstiegs. Während der ersten 90 Sekunden des Aufstiegs hielten die Daten von drei Kreiseln, drei Drehbewegungssensoren und einer Programmsteuerung die Rakete auf Kurs. Dann erlaubte die bodengestützte Radarverfolgung die Eingabe von Korrekturkommandos. Der Schubvektor konnte durch Schwenken des MB-​3  Haupttriebwerks und die Steuerwirkung der beiden Vernier-​Triebwerke kontrolliert werden. Zur Stufentrennung öffnete sich die Übergangssektion in vier Segmente, die die Erststufe abbremsten, während die Zweitstufe freigegeben wurde und deren Triebwerk zündete. Die zweite Stufe („Delta“) wurde gegenüber der bei der Thor-​Able Star verwendeten nochmals im Detail verbessert. Im Gegensatz zum Ursprungsmodell, der Vanguard Zweitstufe, wurde jetzt eine Brennkammer aus hochfestem Stahl anstelle von Aluminium eingesetzt. Die Brennkammer konnte hydraukisch geschwenkt werden, während die Roll-​Kontrolle zwei Sets von je zwei Helium-​Druckgasdüsen übernahmen. Ein BTL-​300  Funkleitsystem war ebenso ergänzt worden wie ein Lagekontrollsystem auf Basis von Kaltgas-​Düsen für den antriebslosen Flug. Ein Stickstoff-​Druckgassystem verzögerte nach der Stufentrennung die Zweitstufe soweit, daß eine gefahrlose Drittstufenzündung sichergestellt war. Erst– und Zweitstufe verfügen über ein Selbstzerstörungssystem. Die Drittstufe mit dem ABL X-​248  Triebwerk wurde von der Thor-​Able (und damit letztlich dem letzten Exemplar der Vanguard Rakete) nahezu unverändert übernommen. Ihre Zündung erfolgte nach einem mehrminütigen antriebslosen Flug des Gespanns aus Zweit– und Drittstufe, während dessen die Hilfstriebwerke der Zweitstufe die Lageregelung übernahmen. Die Drittstufe war auf einem Dralltisch montiert, der unmittelbar vor der Stufentrennung von kleinen Feststofftriebwerken auf 150±30 min–1  beschleunigt wurde.
Das so entstandene System ähnelte bis auf Details der Thor-​Able, verkörperte aber die Erfahrungen aus einer Reihe ziviler und militärischer Raketenprogramme. Zwei unterschiedliche Nutzlastverkleidungen waren verfügbar, die „Bulbous“ Standard– (Higher Drag) und die Streamlined-​Fairing (Lower Drag). Durch den Einsatz der stromlinienförmigeren Variante konnte die Nutzlastkapazität für bestimmte Missionen gesteigert werden, allerdings zu Lasten des Nutzlastvolumens.
Und auch wenn der Jungfernflug der neuen Rakete scheiterte, so überzeugte sie doch bald durch eine ungewöhnliche Zuverlässigkeit. Die DM-​19  Grundstufe erreichte bei 12 Starts sogar 100%. Ursprünglich nur als Übergangslösung bis zu erwarteten Verfügbarkeit der neuen Raketenmodelle Atlas-​Vega und Atlas-​Centaur geplant, wurde die Thor-​Delta zum Ausgangspunkt zahlreicher weiterer Entwicklungen und Urahn einer ganzen Raketenfamilie, der Delta-​Rakete.


Gesamtsystem
Nation USA
Bezeichnung(en) Delta DM-​19, Thor-​Delta
Entwicklungszeitraum 1959 – 1960 
erster Start 13.05.1960 (Fehlstart)
Einsatzzeitraum 1960 – 1962 
Stufenzahl
Gesamthöhe 28,15 m (Bulbous Fairing)[5]
28,43 m (Streamlined Fairing)[5]
Basisdurchmesser 2,44 m
max. Nutzmasse 270 kg (370 km Kreisbahn)
138 kg (1.667 km Kreisbahn, Streamlined)[1]
Leermasse
Treibstoffmasse
Startmasse (exkl. Nutzlast) 50.405 kg[1]
Startschub 676 kN[1]
1. Stufe
Hersteller Douglas Aircraft Company
Bezeichnung(en) Thor DSV-​2 A (DM-​19)
Länge mit Stufenadapter 19,84 m
max. Durchmesser 2,44 m
Leermasse
Treibstoffmasse (nutzbar) 44.141 kg[1]
Gesamtmasse 48.048 kg[1]
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Rocketdyne MB-​3 Block I (1× LR79-​NA-​9 + 2× LR101-​NA-​9)
Treibstoff Kerosin RP-​1 + Flüssigsauerstoff
Startschub 676 kN[1]
Vakuumschub 784 kN[1]
spezifischer Impuls (Seehöhe) 245 s (Haupttriebwerk) / 208 s (Vernier)[1]
spezifischer Impuls (Vakuum) 284 s (Haupttriebwerk) / 240 s (Vernier)[1]
Nominal-​Brenndauer Haupttriebwerk 160 s[1,2]
2. Stufe
Hersteller Aerojet General Corporation
Bezeichnung(en)
Länge mit Adapter 5,13 m[1]
Durchmesser 0,81 m
Leermasse
Treibstoffmasse (nutzbar) 1.442 kg[1]
Gesamtmasse 2.124 kg[1]
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Aerojet General AJ10-​118 
Treibstoff UDMH + weißrauchende Salpetersäure (WIFNA)
Vakuumschub 33 kN[1]
spezifischer Impuls (Vakuum) 263 s[1]
Nominal-​Brenndauer 98…120 s
3. Stufe
Hersteller Allegany Ballistics Laboratories
Bezeichnung(en) Altair
Länge 1,52 m[2]
Stufendurchmesser 0,81 m[1,2]
Triebwerksdurchmesser 0,46 m[2]
Leermasse 27 kg[1]
Treibstoffmasse 206 kg[1]
Gesamtmasse 233 kg[1]
Antrieb 1 Feststofftriebwerk ABL X-​248-​A5 
Treibstoff Feststoff
mittlerer Vakuumschub 12 kN[1]
spezifischer Impuls (Vakuum) 254 s[1]
Brenndauer 40…42 s[1]
Nutzlastverkleidung
Länge über Endstufe 2,93 m[5] (Bulbous) / 3,21 m[5] (Streamlined)
max. Durchmesser 1,22 m[5] (Bulbous) / 0,81 m[5] (Streamlined)
Masse 89,5 kg[5] (Bulbous)

Quellen:

[1] NASA: LAUNCH VEHICLE HANDBOOK, August 1961 
[2] PETER STACHE: RAKETEN, 1980 
[3] C. R. GUNN (NASA GSFC): DELTA — A SCIENTIFIC AND APPLICATIONS SATELLITES LAUNCH VEHICLE
[4] MDD: THOR BOOSTER SYSTEMS FAMILIARIZATION MANUAL, Dezember 1970 
[5] ED KYLE: SPACE LAUNCH REPORT