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Start der Atlas 67D zur MA-2 Mission
Nach dem Desaster beim Start der ersten Atlas-​LV3 B Mercury Rakete im Sommer 1960 waren zahlreiche Untersuchungen zur strukturellen Festigkeit der Rakete angestellt worden. Ein eindeutiges Ergebnis hatten die Tests aber nicht ergeben. Der Verdacht hatte sich jedoch erhärtet, daß es in der Übergangssektion zwischen Rakete und Kapsel zu einem Kollabieren des Systems kommen konnte. Daher war es eine schwierige Entscheidung, ob die für den Testflug MA-​2  vorgesehene Atlas-​67D wirklich eingesetzt werden konnte. Bei ihr handelte es sich um eine Atlas aus der normalen Produktion, die lediglich zur Aufnahme der Mercury Kapsel modifiziert wurde. Dagegen wurden jene Atlas Raketen, die für die bemannten Flüge eingesetzt werden sollten, extra gefertigt und waren strukturell insgesamt stärker ausgelegt. Schließlich wurde beschlossen, die letzte der dünnwandigen Atlas mit einer Art „Bauchbinde“ in dem kritischen Bereich zu verstärken und den Start zu wagen. Dennoch wurden alle Vorbereitungen für den Fall eines Fehlstarts getroffen. Selbst die entsprechenden Presseerklärungen waren vorbereitet. Der Druck, diesen entscheidenden Testflug erfolgreich zu absolvieren, war enorm. Alle führenden Ingenieure der beteiligten Industrieteams waren vor Ort, um die Start Crew zu unterstützen. Schließlich hob MA-​2  nach einem erstaunlich reibungslosen Countdown am 21.02.1961 von LC-​14  auf Cape Canaveral ab. Die Mission sollte den Abbruch des Starts in der Aufstiegsphase zu einer Orbitalmission demonstrieren. Das bedeutete, daß das Rettungssystem in der kritischsten Phase der Mission arbeiten mußte und die Kapsel beim Wiedereintritt der höchsten Belastung ausgesetzt war. Der Aufstieg der Rakete verlief nahezu perfekt und nach rund 60 s war die maximale aerodynamische Belastung erreicht. Diesmal hielt der verstärkte Nutzlastadapter der Belastung stand. Planmäßig trat in der Aufstiegsphase der simulierte vorzeitige Brennschluß ein, wurde vom ASIS (Abort Sensing and Implementation System) erkannt und führte zum Auslösen einer Notlandung. Die Rettungsraketen wurden abgeworfen, die Kapsel von der Rakete getrennt und die Bremsraketen gezündet. Alles verlief unter der extremen Belastung perfekt. Wenige Minuten später konnte die Besatzung des Zerstörers USS „Greene“ den Wiedereintritt der Kapsel #6 und der Rakete beobachten. Die Kapsel überflog unmittelbar das Schiff gefolgt von den Resten der Atlas. Außerhalb der Sicht ging die Kapsel nach einem Flug von 17:56 min über die Distanz von 2.304 km im Atlantik nieder. Wenig später stiegen Hubschrauber vom Landungsschiff USS „Donner“ auf und hievten die Kapsel nach nur 24 min aus dem Wasser. Ihre Untersuchung zeigte trotz der hohen Belastung von 15,9 g beim Wiedereintritt keinerlei nennenswerte Beschädigungen, im Gegenteil, sie befand sich in einem weitaus besseren Zustand, als erwartet. Auch der ablative Hitzeschild hatte sich, im Gegensatz zum Test mit Mercury „Big Joe“, absolut bewährt. Jetzt schien der erste bemannte Flug wirklich unmittelbar bevorzustehen.