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die startbereite erste Atlas-​LV3 Agena-​B
Nach einem abgebrochenen Startversuch zwei Tage zuvor, bei dem die Haupttriebwerke der neuen Atlas-​LV3 Agena-​B Rakete nicht gezündet hatten, gelangte Midas III am 12.07.1961 als erster amerikanische IR-​Frühwarnsatellit auf eine für die weiträumige Überwachung besser geeignete höhere polare Umlaufbahn. Um die angestrebte Kreisbahn in über 3.400 km zu erreichen, mußte dazu die Agena-​B Oberstufe nach dem Start von der Vandenberg AFB zweimal gezündet werden. Die Wiederzündung einer Agena-​Stufe war zuvor erst einmal im Februar 1961 experimentell unternommen worden. Nun war sie aber grundlegend für den Erfolg der angestrebten Mission — und gelang perfekt. Und das mit einer Rekordmasse. Der Start von MIDAS III markierte den Übergang von der Experimental– zur ersten Entwicklungsphase des Missile Defense Alarm System. Zur Energieversorgung war dieser Satellit mit entfaltbaren Solarzellenflächen ausgestattet, während die beiden Vorgänger nur mit Batterien und kleinen Solarzellenfeldern bestückt gewesen waren. Geplant war ein etwa einjähriger Testbetrieb des Satelliten. Doch eine der beiden Solarzellenflächen entfaltete sich nicht, so daß die Energieversorgung schon nach fünf Erdumläufen zusammenbrach. Bis dahin war es nicht gelungen, die Sensornutzlast per Funkbefehl zu aktivieren. Lediglich einige experimentelle Daten zum Verhalten des Satelliten sowie von sekundären Experimenten konnten gewonnen, jedoch keine IR-​Ziele erfaßt werden. Dabei verfügte der erste MIDAS Block 2 Satellit über einen deutlich verbesserten Sensor von Baird-​Atomic, dessen 175 einzelne Detektoren eine wesentlich präzisere Erfassung startender Interkontinentalraketen über größere Distanzen ermöglichen sollten. Vor allem aber war die Anzahl der Scanvorgänge pro Minute gesteigert worden, so daß man sich nun auch präzisere Informationen zur Flugbahn und zum Ziel der Raketen erhoffte. Das erstmals installierte High Energy Proton Damage Experiment der Lockheed Corporation, das über eine eigene batteriegestützte Energieversorgung verfügte, konnte theoretisch für weitere 60 bis 90 Tage Daten liefern. Vom Zusammenbruch der Energieversorgung der Agena war allerdings auch das Lagereglungssystem betroffen gewesen, so daß der Datenempfang von HEPDEX vermutlich auch schon nach wenigen Tagen endete.
Eigentliches Entwicklungsziel der MIDAS Reihe war ein IR-​Frühwarnsatellitensystem auf einer geostationären Bahn. Da sich die Entwicklung der zum Start auf Synchronbahnen benötigten Agena-​D Raketenstufe bis 1966 verzögerte, wurde das MIDAS Projekt jedoch schon bald nur noch als experimentelles Programm 461 fortgeführt. Denn für eine vergleichbar lückenlose Überwachung der Sowjetunion mit Satelliten auf Bahnen mittlerer Bahnhöhe wären wenigstens acht Satelliten erforderlich gewesen, wobei die wiederholten Fehlstarts und Ausfälle von MIDAS Satelliten im Laufe des Entwicklungs– und Testprogramms die Verantwortlichen auf höchster Ebene von der Undurchführbarkeit eines solchen Projekts überzeugten. Zudem war der Nutzen des gesamten Systems beim damaligen Stand der Technik ohnehin eher fragwürdig. Bestenfalls gewährte das System eine um 5 bis 20 min verbesserte Frühwarnzeit im Falle eines sowjetischen Raketenangriffs. Dem standen Kosten von 500 Mio. $ für die Erprobung, weitere 500 Mio. $ für den Aufbau eines einsatzfähigen Systems und weitere 100 bis 200 Mio. $ an jährlichen Betriebskosten gegenüber. Und gerade zu Beginn der 1960er Jahre zeigten die Aufnahmen der CORONA Fotoaufklärungssatelliten, daß die Bedrohung durch sowjetische Interkontinentalraketen weitaus geringer war als ursprünglich angenommen.