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Transit IVA Stack mit Injun und SolRad
mehrfachbelichtete Aufnahme der Thor-​DM21 Able-​Star mit Transit IVA
Eine Thor-​DM21 Able-​Star startete mit drei Satelliten an Bord am 29.06.1961 von Cape Canaveral. Bei Transit IVA handelte es sich um einen experimentellen Navigationssatelliten der US Navy. Gemeinsam mit ihm gelangten die kleineren Satelliten Injun 1 und SolRad 3 auf eine Umlaufbahn. Zur Energieversorgung von Transit kam erstmals ein SNAP-​3B7  (andere Quellen bezeichnen ihn als SNAP-​3 A) Radioisotopengenerator zum Einsatz, der 2,7 W elektrischer Leistung lieferte. Der Einsatz dieser winzigen radioaktiven Energiequelle, vom Transit Team beim Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University als RIPS (Radioisotope Power Source) bezeichnet, war schon damals nicht unumstritten. Schließlich wurde die unmittelbare Erlaubnis von US Präsident John F. Kennedy eingeholt, der sich über Befürchtungen hinwegsetzte, ein erneuter Absturz einer Trägerrakete über Kuba, diesmal mit radioaktivem Material an Bord, würde die schwelende Krise zwischen den USA und dem Inselstaat weiter verschärfen. Die Sender von Transit IVA arbeiteten erstmals auf den Standardfrequenzen 150 und 400 MHz. Der Satellit lieferte konkrete Daten zur elliptischen Form des Erdäquators, nachdem bereits Transit IIA nachgewiesen hatte, daß die Form der Erde in Nord-​Süd-​Richtung eher einer Birne ähnelte. Allerdings fiel die Telemetriedatenübermittlung des Satelliten bereits nach einem Monat aus, was eine weitere Überwachung des Missionsverlaufs erschwerte. Unerwartet gut arbeitete hingegen der SNAP Generator. Noch 1976 lieferte dieser meßbare elektrische Energie.
Injun 1 war ein kleiner Satellit zu Magnetosphärenforschungen, speziell zu Untersuchungen niedrig-​energetischer Protonen. Seine hauptsächliche Ausrüstung bestand aus Geiger-​Müller-​Zählern, Fotometer und Magnetometer. Gemeinsam mit SolRad 3 war der kleine Satellit zum Start auf den deutlich größeren Transit IVA aufgesetzt worden. Die Trennung der beiden Satelliten voneinander sollte automatisch ausgelöst werden, sobald die Spinrate auf 60 min–1  erhöht worden war. Da ein Lager des Spin-​Mechanismus blockierte, war das aber nicht möglich (ein NRO Report spricht hingegen von menschlichem Versagen bei der Kommandoübermittlung). Immerhin konnte die Abtrennung des Gespanns von der Hauptnutzlast des Starts, Transit IVA, erreicht werden. Obwohl die geplante magnetische Ausrichtung des Satelliten in der Bahn angesichts der Umstände unmöglich war, gelangen Injun 1 eine Reihe wissenschaftlich bedeutsamer Entdeckungen. Glücklicherweise war lediglich ein Photometer durch GREB abgeschattet und so komplett ausgefallen. Unerwartet war die Sonne im Zeitraum zwischen dem 11.07. und 28.07.1961 sehr aktiv, so daß Injun innerhalb kurzer Zeit mehrere solare Flares und Magnetstürme beobachten konnte. Weiterhin wurde die räumliche Verteilung und Energie der Protonen innerhalb der irdischen Strahlungsgürtel untersucht. Nach dem „Starfish Prime“ Atomtest vom Juli 1962 in der Hochatmosphäre versuchte man auch die Instrumente von Injun einzusetzen, um die Auswirkungen zu untersuchen. Dazu erwies sich seine Ausrüstung allerdings als wenig geeignet. Innerhalb kurzer Zeit schädigte die Strahlung des Atomtests zudem die Solarzellen so stark, daß der Datenempfang zusammenbrach.
SolRad 3 (auch SR-​3 , GRAB 3 oder SunRay 3) diente offiziell zur Untersuchung des solaren Strahlungsflusses im Röntgenbereich. Dazu waren diesmal zwei Röntgen-​Sensoren installiert, auf den bisher verbauten UV-​Detektor hatte man hingegen erstmals verzichtet. Die ebenfalls installierte geheime GREB Nutzlast, tatsächlich die Hauptnutzlast des Satelliten, spähte dagegen sowjetische Radaranlagen im Rahmen des DYNO Geheimprogramms der US Navy aus. Die ersten ELINT Informationen konnten am 15.07.1961 gewonnen werden. Gegenüber den ersten beiden Satelliten war das zu überwachende Frequenzspektrum ausgeweitet worden. Damit reagierte man auf Befürchtungen, wonach die Sowjetunion an einem Abwehrsystem mit ABM/ASAT Fähigkeiten arbeitete. Während das SolRad Experiment bereits im Dezember 1961 ausgefallen war, womit offiziell die Mission des Satelliten endete, ging der Empfang der ELINT Daten noch weiter. Da Injun dieselben up– und downlink Frequenzen wie GRAB/DYNO nutzte, hatte man die Regelung getroffen, Injun an geraden Tagen zu betreiben und GRAB/DYNO an ungeraden. Das reduzierte die Ausbeute beider Satelliten deutlich. Die geheime DYNO Mission litt diesmal zudem unter einer unglücklichen Auswahl des zu scannenden Frequenzsspektrums. Schließlich ließ auch noch die Sensitivität der Detektoren auf dem unteren Frequenzband spürbar nach. Zuletzt konnten nur noch die Signale eines besonders leistungsfähigen sowjetischen Frühwarnradars empfangen werden. Doch auch dieser zunächst ungewollte Filtereffekt lieferte spezifische Erkenntnisse. Der Erfolg der Mission und die relative Langlebigkeit des Satelliten von vierzehn Monaten führten dazu, daß er 1962, nachdem das Programm an das neu gegründete NRO (National Reconnaissance Office) übertragen worden war, den neuen Codenamen POPPY I erhielt.
Zwei Stunden nach dem Aussetzen der Nutzlasten explodierte unerwartet die Able-​Star Raketenstufe in der Umlaufbahn. Es war das erste Mal, daß ein solches Ereignis bei einer ausgebrannten Raketenstufe beobachtet werden konnte. Nachdem man im Laufe der Jahre eine zunehmende Anzahl von Trümmerstücken im Orbit aus solchen Explosionen registrieren mußte, ging man schließlich dazu über, nach dem Aussetzen der Nutzlast die Raketenstufen nochmals zu zünden und den restlichen Treibstoff zu verbrennen. Aufgrund der relativ großen Bahnhöhe, auf der sich dieses erste dokumentierte Ereignis ereignet hatte, kreist auch heute noch die Mehrzahl der damals entstandenen 294 Trümmerstücke im Orbit.