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Start der Scout-X2M mit dem ersten P35 Satelliten
Bereits die ersten erfolgreichen Missionen innerhalb des Foto­aufklärungs­satelliten­programms CORONA zeigten ein Problem des neuen Systems: ein erheblicher Teil des kostbaren Filmmaterials wurde verschwendet, da die von einem Zeitschaltwerk gesteuerte Kamera auch aktiviert wurde, wenn eine dichte Wolkendecke die Gewinnung verwertbarer Aufklärungsinformationen unmöglich machte. Einen Ausweg bot die Entwicklung eines meteorologischen Satelliten, der die Wolkenbedeckungsbilder zur Missionsplanung funktechnisch übermittelte. Unter Federführung des NRO (National Reconnaissance Office) entwickelte die RCA (Radio Corporation of America) Astro-​Electronics Division aus dem ursprünglichen Konzept für einen Aufklärungssatelliten den ersten meteorologischen Satelliten der Welt. Der Entwurf wurde später zwar unter dem Namen TIROS (Television and InfraRed Observation Satellite) an die NASA abgegeben, die Entwicklung einer Variante für das Militär aber fortgesetzt. Offiziell wurde die Entwicklung des Defense Meteorological Satellite Program (DMSP) erst im Juni 1961 aufgenommen, nachdem die ersten Erfahrungen mit dem TIROS System vorlagen. Dessen Nutzen auch für das Militär war deutlich geworden, ebenso aber auch die Probleme bei der Zusammenarbeit des NRO, einer Organisation, die zu jener Zeit offiziell gar nicht existierte, mit zivilen Stellen. Daher setzten Geheimdienste und Militär auf einen eigenen Satelliten mit auf das Notwendigste reduzierter Ausrüstung: Kamera, Datenspeicher und Sender waren jeweils nur einmal vorhanden. Dafür sollte eine präzisere Ausrichtung in der Umlaufbahn für eine höhere Ausbeute der ½-​Zoll Vidicon-​Kamera sorgen.
Verhängnisvoll für das Programm sollte sich die Wahl der Trägerrakete erweisen. Aus Kostengründen verfiel man auf die neue vierstufige Scout Feststoffrakete der NASA. Allerdings setzte man auf eine andere Endstufe, was die Zuverlässigkeit der Rakete, die zu jener Zeit ohnehin schon extrem niedrig war, noch weiter reduzierte. Die strenge Geheimhaltung, unter der das Satellitenprogramm lief, und die ohnehin schon schwierige Zusammenarbeit mit der NASA, die sich aus Sicht der Militärs jeder konstruktiven Kritik verweigerte, belasteten das wichtige Projekt. Prompt schlug am 24.05.1962 auf der Vandenberg AFB der Start des ersten DMSP Satelliten fehl. 10 Tage nachdem der erste Countdown wegen Hydraulikproblemen abgebrochen werden mußte, explodierte nach dem zunächst geglückten Start die zweite Stufe der Scout-​X2 M Trägerrakete nur 0,3 s nach ihrer Zündung. Dabei wurde die Nutzlast, der erste P35 Satellit (P35-​1  alias DMSP Block 1 – 1) zerstört. Seine einfache Fernsehkamera mit lediglich 5,5 bis 7,4 km (3 bis 4 Seemeilen) Auflösung hätte ausgereicht, Informationen zur Wolkenbedeckung zu sammeln. Von den ersten fünf Starts der Block-​1  Satelliten waren nur zwei mehr oder weniger erfolgreich, was ein schwerer Rückschlag für das im Geheimen mit hoher Priorität betriebene Programm war.