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AS-502 auf der Startrampe
Start von AS-502
Abtrennung des Stufenadapters zwischen Erst- und Zweitstufe
Bergung des Apollo 6 CM
Die Mission von Apollo 6 war als Wiederholung des Fluges von Apollo 4 angelegt. Bei einer einwandfreien Funktion aller Systeme sollte es der letzte unbemannte Test im Apollo-​Programm werden. Besonderes Augenmerk galt der Saturn V Trägerrakete, die erst ihren zweiten Flug absolvierte. Ihre S-​IC Stufe verfügte über vier Film– und zwei TV-​Kameras, die S-​II Stufe wurde mit zwei Filmkameras ausgestattet. Das Filmmaterial sollte in Kapseln am Fallschirm zur Erde zurückkehren, was schließlich auch gelang — ebenso die Bergung durch die USS „Austin“. Als Nutzlast transportierte AS-​502  die Kommandokapsel CM-​020  in Verbindung mit dem Servicemodul SM-​014 . Außerdem wurde eine Attrappe des Lunar Module, LTA-​2R, mitgeführt, die nach dem am 04.04.1968 um 12:00 UTC erfolgten Start Meßwerte von 36 Sensoren übertrug. Der Aufstieg der Rakete verlief dann aber alles andere als programmgemäß. Zunächst trat ein erheblicher Pogo-​Effekt auf. Die Schwingungen erreichten für 30 s einen Höchstwert von 0,6 g. Bei Apollo 4 hatte der Maximalwert noch 0,1 g betragen, der Grenzwert lag bei 0,25 g. Scheinbar verlief der Aufstieg trotz dieser Anomalie zunächst noch planmäßig. Nach der Stufentrennung begannen dann aber erst die richtigen Probleme. Triebwerk #2 der S-​II Stufe schaltete 107 s zu früh ab, gefolgt von #3, das 103 s vorzeitig Brennschluß hatte. Die Brenndauer der restlichen J-​2  Triebwerke wurde zum Ausgleich von 369 s auf 427 s verlängert. Auch die S-​IVB Stufe brannte statt 141 s nun 170 s. Damit wurde die angestrebte Parkbahn annähernd erreicht, was eindrucksvoll ein hohes Maß an Flexibilität und die Leistungsreserven der Rakete demonstrierte. 190 min nach dem Start sollte dann die S-​IVB erneut für 5:28 min gezündet werden und Apollo 6 auf 22.000 km Gipfelhöhe befördern. Nach zwei langen Zündungen des Apollo-​Triebwerks wäre das Raumschiff dann aus Rekordhöhe sehr steil und mit höherer Geschwindigkeit als Apollo 4 in die Erdatmosphäre eintreten, während die S-​IVB auf eine Umlaufbahn mit 516.680 km Erdabstand geschossen werden sollte. Doch der weitere Verlauf der Mission war ein ganz anderer. Denn die S-​IVB Stufe schaltete sich nach 16 s bereits wieder ab und konnte auch nicht wieder aktiviert werden. Daraufhin wurde das Apollo-​Raumschiff von der ausgefallenen Raketenstufe getrennt. Unter Einsatz des SPS-​Triebwerkes konnte das Apogäum von Apollo 6 immerhin auf 22.209 km angehoben werden. Mit der hierzu auf 442 s verlängerten Brenndauer des Apollo-​Triebwerks war aber auch fast der gesamte Treibstoff aufgebraucht worden. Die Kapsel wurde zur Erde orientiert und das SPS erneut gezündet. Doch statt 254 s brannte es nur noch 24 s. Damit lag die Wiedereintrittsgeschwindigkeit 1.270 ms–1  unter dem angestebten Wert. Der angestebte Belastungstest für den Hitzeschild der Kapsel bei einem simulierten „direct-​return“ Flugabbruch fiel damit aus. Mit 80 km Zielabweichung ging die Kapsel im Pazifik nieder und wurde vom Flugzeugträger USS „Okinawa“ geborgen. Obwohl die Mission erhebliche Probleme offenbart hatte, wurde sie nach der Auswertung aller Telemetriedaten als Erfolg bewertet. Der Pogo-​Effekt war bereits seit dem Gemini-​Programm bekannt und konnte durch Einspritzung von Helium in die Brennkammern auf vertretbare Werte reduziert werden. Die Probleme mit den J-​2  Triebwerken in der zweiten und dritten Stufe resultierten aus den starken Schwingungen, die zu Abrissen im Bereich der Flüssigwasserstoff-​Zuleitungen führten. Die Abschaltung des zweiten J-​2  Triebwerkes der S-​II Stufe hatte ihre Ursache dagegen in einer fehlerhaften Verkabelung. In der dritten Stufe war nach den außerplanmäßigen Belastungen eine Flüssigsauerstoffleitung gebrochen, was die Treibstoffpumpe einfrieren ließ. Kleinere technische Änderungen an allen Stufen bzw. Triebwerken schlossen derartige Probleme in der Folge aus. Der Nutzlastadapter, der kurz vor dem strukturellen Versagen gestanden hatte, wurde überarbeitet. Obwohl der Hitzeschild der Apollo-​Kapsel nicht optimal getestet werden konnte, wurde doch beschlossen, auf einen weiteren Testflug zu verzichten. Dabei hätte die Fülle der Probleme eine solche Entscheidung durchaus gerechtfertigt. Doch der Zeit– und Erfolgsdruck war enorm. Zum Glück für die NASA blieb nach dem scheinbaren Fehlschlag der Apollo-​Mission öffentlicher oder politischer Druck aus. Grund dafür war wohl auch ein tragisches Ereignis — am 04.04.1968, dem Starttag von Apollo 6, war Martin Luther King, der Führer der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung der USA, erschossen worden. Ein Ereignis, das selbst das nationale Prestigeprogramm Apollo vorübergehend in den Hintergrund drängte.