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Thorad-SLV2G Agena-D mit POPPY Cluster

Eine Thorad-​SLV2G Agena-​D der USAF beförderte am 30.09.1969 von der Vandenberg AFB einen Cluster von mindestens neun, wahrscheinlich aber zehn, Satelliten auf die Umlaufbahn. Die Hauptnutzlast, die später mit den Codebezeichnungen OPS 1807 in Verbindung gebracht wurde, war geheim, so daß keine Angaben zur Konfiguration oder Aufgabenstellung vorliegen. Die Bahndaten paßten aber zu einem der kleinen ELINT Satelliten, wie sie die USAF hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, zur Aufklärung von Radarstationen nutzte. Gemäß dieser Typzuordnung erhielt der Satellit den infoffiziellen Namen EHH-​B17 . Heute ist immerhin bekannt, daß es sich um den P-​11  4407 Satelliten (Codename WESTON) aus der P-​989  Reihe gehandelt hatte. Damit traf auch in diesem Fall die Einordnung in die EHH-​B Kategorie zu. Die COMINT Nutzlast von Mission 7313 war eine Weiterentwicklung jener, die 1964 unter dem Namen OPPORKNOCKITY mit einem KH-​5  Satelliten geflogen war. Obwohl man das WESTON Konzept erfolgreich auf Flugzeugen unter simulierten Bedingungen getestet hatte, litt die Qualität der gewonnenen Daten unter unerwartet starken Interferenzen. Dennoch konnten einige interessante Informationen aus dem abgehörten VHF-​Funkverkehr (60 – 70 MHz und 360 – 420 MHz) extrahiert werden. Im Vordergrund stand dabei nicht die Lokalisierung der Emitter, sondern ihre Identifizierung und die Aufzeichnung der Signale. Unter dem Codenamen MERCURY GRASS wurden dabei Signale geführt, die Luftabwehrstellungen mit sowjetischen S-​75  „Dwina“ (NATO Code SA-​2  „Guideline“) Raketen zugeordnet werden konnten. Was sich unter den Signalen von DAWN ROSE verbarg, ist auch heute noch geheim. Bis zum August 1970 lieferte WESTON, entwickelt von der Haller/Raymond/Brown Division of Singer (HRB), die gewünschten Informationen. Eine weitere Nutzlast hieß Timation II. An Bord dieses Satelliten flog ein hochgenauer Quarztimer. Der Einsatz derartiger Zeitgeber konnte die Genauigkeit eines satellitengestützten Navigationssystems erheblich verbessern. Wie sich zeigte, gab es allerdings noch Probleme, die Genauigkeit des Systems trotz kosmischer Einflüsse über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten. Dennoch gelangen regelmäßig Positionsbestimmungen mit 33 m Genauigkeit. Bekannt wurde ferner die Bezeichnung Tempsat 2. Die US Navy unternahm mit ihm ein technologisches Experiment, mit dem Verfahren zur passiven Temperaturregelung von Satelliten erprobt wurden (laut anderen Quellen zur Beeinflussung des Radar-​Querschnitts). Mit den offensichtlich verschieden geformten Satelliten SOICAL Cone (PL-​149 B) und SOICAL Cylinder (PL-​149 A) wurden Versuche zur Identifikation von kosmischen Objekten durch die Radarüberwachung unternommen (Space Object Identification Calibration). Beide Zielobjekte waren Bestandteil der Mission S69-​4  und trugen gemeinsam auch den Namen SOICAL 3 bzw. NRL 101. Fünf weitere kleine Objekte werden oft dem SURCAL Programm zugeordnet. Die USAF listete sie als OPS 7613 P/L 1  und P/L 3  bis P/L 6  auf, während die US Navy die Satelliten als PL-​161 , PL-​162 , PL-​163 , PL-​164  und PL-​176  führte. Mit Ausnahme von PL-​176  dienten sie angeblich Experimenten zur Gravitations­gradienten­stabilisierung. 2005 veröffentlichte das NRO Informationen, wonach mindestens einer der Satelliten zum POPPY ELINT Programm zählte. PL-​176  kam dafür in Frage, jedoch sprach die veröffentlichte Masse von lediglich 23 kg dagegen. Neuere Veröffentlichungen des NRO ordneten die PL-​161 , PL-​162 , PL-​163  und PL-​164  Satelliten dem POPPY Programm zu (und bestätigten zudem die Gesamtzahl von zehn Nutzlasten bei diesem Start). Alle vier Satelliten verfügten demnach über das GGSE System (Gravity Gradient Stabilisation Experiment) zur 3-​Achsen-​Stabilisierung, das von Mikrotriebwerken und einem Schwungrad unterstützt wurde. Wie beim Nachfolgeprogramm NOSS (Naval Ocean Surveillance System) flogen die Satelliten in einer exakt definierten Formation zur Lokalisierung und Analyse von gegnerischen Radar– und Funkstationen. Erstmals im POPPY Programm stand diesmal die Lokalisierung, insbesondere von Marineeinheiten, im Vordergrund einer Mission. Bei PL-​176  hatte es sich hingegen um ein an der Agena-​Stufe montiertes Experiment mit noch immer unbekannter Aufgabenstellung gehandelt.
Unerwartet explodierte die Agena Endstufe der Rakete am 04.10.1969 in der Umlaufbahn und hinterließ eine Reihe von Trümmern. Das war für diesen Raketentyp ein eher seltenes Ereignis. Die Explosion beendete auch die Mission eines dort montierten BIT IV Signaldetektors. Das BIT Konzept war ursprünglich vor dem Hintergrund von Befürchtungen aus Geheimdienstkreisen entworfen worden, die Sowjetunion könnte US Aufklärungssatelliten aktiv per Radar verfolgen und womöglich mit „Killersatelliten“ oder Abfangraketen bekämpfen. Mindestens ebenso gefürchtet war ein Szenario, bei dem illegale Kommandos an die Satelliten übertragen wurden, die eine Übertragung der gesammelten Informationen über sowjetischem Territorium auslösten. Die Aufgabe, vor solchen Attacken zu schützen, konnten die BIT Detektoren angesichts der Fülle aufgefangener Signale nicht wirklich erfüllen. Dafür taugten sie aber gut als breitbandige Scanner für Funksignale aller Art.