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Präsentation des TAOS Space Shuttle Konzepts im Weißen Haus am 05.01.1972
McDonnell Douglas Entwurf des Space Shuttle mit zwei 156″ Feststoffboostern
Im Anschluß an ein mehr als halbstündiges Treffen mit NASA Administrator James C. Fletcher und dessen Stellvertreter George M. Low verkündete US Präsident Richard M. Nixon eine der einschneidendsten Entscheidungen der US Raumfahrtpolitik — die Entwicklung eines „Space Shuttle“. Dem waren natürlich jahrelange Voruntersuchungen vorausgegangen. Die Idee eines „Raumflugzeugs“ war schließlich alles andere als neu, ja ursprünglich waren die bemannten Kapseln nur zum Einsatz gekommen, um im Wettlauf ins All allzu langwierige Entwicklungen zu vermeiden. Ein Space Shuttle schien stets der logischere Weg zu sein. Der erste praktische Versuch zur Umsetzung im Rahmen des X-​20 A „Dyna-​Soar“ Projekts der USAF stieß dann aber auf gewaltige technische (und daraus resultierend, finanzielle) Hürden. Andererseits lieferten diverse unbemannte Programme in den 1960er Jahren den Nachweis, daß sowohl die Rückkehr aus dem Orbit mit hoher Geschwindigkeit zu meistern war (ASSET — Aerothermodynamic/Elastic Structural Systems Environmental Tests) als auch ein stabiles Flugverhalten in der Atmosphäre über einen weiten Geschwindigkeitsbereich mit dem Lifting Body Design (X-​24 A/B u.a). Ab Mitte/Ende der 1960er Jahre produzierten alle namhaften US Raumfahrtkonzerne Studien zu ein– und mehrstufigen wiederverwendbaren Raumtransportsystemen praktisch am Fließband. Sowohl in Eigenregie, als auch im Auftrag von USAF und NASA. Letztere arbeitete auch selbst einige Entwürfe aus. Schon in Phase A des von der NASA initiierten Studienprogramms wurden aber auch die technischen Risiken deutlich. Noch immer waren die meisten Entwürfe überambitioniert, wenn man die technologischen Herausforderungen eines vollständig wiederverwendbaren Systems realistisch betrachtete. Dazu kamen die Budgetkürzungen nach dem Ende des Apollo-​Programms. Während man sich 1971 seitens der NASA einigermaßen auf ein Grunddesign des Orbiters festgelegt hatte, war die Frage des Antriebs noch weitgehend offen. Weiterhin wurden Konzepte studiert, bei denen das Shuttle auf einer noch größeren geflügelten Grundstufe „ritt“, oder an der Spitze einer modifizierten Saturn S-​IC Stufe saß. Schließlich setzte sich aber vor allem die Erkenntnis durch, daß man angesichts der ausufernden Entwicklungskosten eines vollständig wiederverwendbaren Systems Gefahr lief, trotz niedrigerer Einsatzkosten nie das Budget zur Realisierung eines Space Shuttle bewilligt zu bekommen. Gegen Ende der Design Phase B konzentrierte man sich daher auf Varianten des TAOS (Thrust Assisted Orbiter Shuttle) Konzepts. Favorit war schließlich die Version eines gewaltigen (nicht wiederverwendbaren) Flüssigsauerstoff-​/Wasserstoff Tanks, auf dem der Orbiter saß, und von zwei oder mehr seitlich angebrachten Boostern. Das entsprach weitgehend dem TAHO (Thrust Assusted Hydrogen-​Oxygen) Vorschlag von Grumman. In etwa das war auch der Stand, als ein sichtlich von der Präsentation des Konzepts begeisterter Präsident vor die Presse trat: „I have decided today that the United States should proceed at once with the development of an entirely new type of space transportation system designed to help transform the space frontier of the 1970’s into familiar territory, easily accessible for human endeavor in the 1980’s and 1990’s…“. John Ehrlichmann, einer von Nixons engsten Beratern, erinnerte sich später, daß der Präsident sich kaum von dem von Fletcher mitgebrachten TAOS Modell trennen konnte. Es war aber auch eben dieser Ehrlichmann, der NASA Offiziellen später mit brutaler Offenheit mitteilte „There is no money“, als es um die Finanzierung des Projekts ging. Das ist in dieser Absolutheit natürlich falsch. Das Space Shuttle Programm war bereits in seiner Entwicklungsphase eines der teuersten der NASA. Trotz zahlloser Kompromisse (viele leider zu Lasten der Sicherheit) konnte es nur um den Preis tiefer Einschnitte bei anderen Projekten überhaupt umgesetzt werden. Die ausufernden Betriebskosten und die immer sichtbareren Designfehler führten schließlich nach drei Jahrzehnten im Einsatz zu seiner Einstellung. Vier Jahrzehnte nach dem offiziellen Beginn des Space Shuttle Programms stand die NASA mangels einer langfristigen Strategie schließlich ohne einen eigenen bemannten Zugang zum Weltraum da. Sieben Jahre nach dem letzten Space Shuttle Flug war keine der als Nachfolger gedachten Kapseln(!) „Orion“, „Crew Dragon“ und „Starliner“ für bemannte Flüge einsatzbereit. Fünf Jahrzehnte zuvor hatte diese Zeitspanne ausgereicht, um nach Kennedy’s berühmter Rede an der Rice University („We choose to go to the moon…“) tatsächlich Menschen zum Mond bringen…