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Trümmerstück von Kosmos 954
Operation Morning Light
abgesperrtes verseuchtes Areal nahe Yellowknife
Bergung radioaktiven Materials
Der bislang folgenreichste bekanntgewordene Zwischenfall mit einem nuklearbetriebenen Satelliten ereignete sich am 24.01.1978. Nachdem die Sowjetunion bereits einige Zeit zuvor bekanntgegeben hatte, daß ein „Forschungssatellit“ mit einem Kernreaktor an Bord außer Kontrolle geraten war, trat dieser nunmehr um 11:53 UTC in die Erdatmosphäre ein. Die Bahnverfolgung durch das amerikanische NORAD-​System ergab, daß der Satellit dabei über den kanadischen Nordwest-​Territorien auseinanderbrach. Radioaktives Material wurde dabei über ein Gebiet von ca. 124.000 km² verteilt. Daraufhin lief die Operation „Morning Light“ an, ein Gemeinschaftsunternehmen der kanadischen Luftwaffe, des amerikanischen Militärs und ziviler Spezialisten. Mit über 200 Mann wurde das Gebiet abgesucht und von sichtbaren Trümmerstücken befreit. Dennoch konnte nur etwa 1% des Materials geborgen werden. Weitere Teile dürften verglüht bzw. verdampft sein. Eine beachtliche Menge des radioaktiven Materials verseuchte aber mit unabsehbaren Folgen das Gebiet um den Großen Sklavensee. Die kanadische Regierung forderte von der Sowjetunion für die Reinigungsaktion 15 Mio. $, bekam allerdings nach langen Verhandlungen 1980 weniger als die Hälfte ausgezahlt.
Bei Kosmos 954, dem Verursacher des Zwischenfalls, handelte es sich natürlich keineswegs um einen Forschungssatelliten. Ganz im Gegenteil. Er gehörte zum Typ der Radaraufklärungssatelliten (RORSAT), mit denen die Sowjetunion insbesondere die Bewegungen amerikanischer Flotteneinheiten verfolgte. Der hohe Energiebedarf des Radarsystems konnte nur mit einem Kernreaktor befriedigt werden. Da die Aufklärung aus einer niedrigen Umlaufbahn erfolgen mußte, das radioaktive Material jedoch eine lange Halbwertszeit hatte, wurde üblicherweise zum Ende der jeweiligen Mission der Reaktorblock abgetrennt und auf eine höhere Umlaufbahn geschossen. Diese „Abklingbahn“ gewährleistet allerdings auch nur für 300 bis 1.000 Jahre einen sicheren Erdumlauf. In dieser Zeit hat sich das radioaktive Potential des Satelliten jedoch kaum verringert! Bei dem am 18.09.1977 gestarteten Kosmos 954 kam es aber noch schlimmer, als der Satellit nicht mehr auf Funkkommandos reagierte und auch die Sicherheitsmechanismen versagten, so daß er unkontrolliert in die Atmosphäre eintrat. Mit den aufgeführten Konsequenzen.