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ungewöhnlicher Blick auf die aufsteigende „Discovery“ F-4
Die Insel Mayotte im Indischen Ozean mit dem umgebenden Korallenriff gesehen von <nobr>STS-51D</nobr>
RMS mit improvisierten „End Effektoren“
die erste ungeplante EVA des Shuttle Programms
Spielzeuge, deren Funktion während des Toys in Space Experiments demonstriert wurde
Landung der „Discovery“ nach der STS 51-D Mission
die schwer beschädigten Räder des rechten Hauptfahrwerks nach der Landung der „Discovery“

Primär dem Transport von zwei Kommunikationssatelliten diente der vierte Flug des US Space Shuttles „Discovery“. Obwohl zu dieser Zeit längst klar war, daß die hohen Kosten für eine Shuttle Mission derartige kommerzielle Missionen unwirtschaftlich machten, führte die NASA bis Mitte der 1980er Jahre noch eine Reihe solche Flüge durch. Angesichts der bereits vorgenommenen Einstellung jedweder Trägerraketenproduktion neben dem Shuttle hätte man das Feld anderenfalls kampflos den Europäern und Chinesen überlassen müssen. Ursprünglich war der Start der STS 51-​D „Discovery“ F-​4  Mission für den 19.03.1985 terminiert gewesen. Doch die Übernahme von Nutzlasten des am 01.03.1985 kurzfristig gestrichenen STS 51-​E Fluges (die „Challenger“ stand bereits mit ihren Nutzlasten auf der Rampe!) erzwang eine Verschiebung auf den 28.03.1985. Die „Challenger“ stand Anfang März 1985 bereits auf Pad 39 A für STS 51-​E bereit, als die NASA die überraschende Entscheidung verkündete, die Mission zu streichen. Ursächlich waren Probleme mit dem ersten TDRS Satelliten. Offensichtlich stand dahinter ein grundsätzliches Problem, das Modifikationen an TDRS-​B, dessen Transport zentraler Bestandteil der Mission war, erforderlich machte. Hingegen wurde der kanadische Kommunikationssatellit Anik-​C1  (Telesat-​I) nun auf die STS 51-​D Mission umgebucht, was allerdings bedeutete, daß die geplante Bergung des LDEF Satelliten ausfallen mußte. Während die NASA bemüht war, mit der Zusammenlegung von Flügen den Shuttle Flugplan zu straffen und vor allem den Rückstau bei den Satelliten-​Transportmissionen aufzulösen, wurde sie von einem neuen Zwischenfall zurückgeworfen, als am 08.03.1985 eine Arbeitsbühne auf die Backbord Nutzlasttür des Shuttle stürzte. Die Reparaturen verzögerten den Start weiter. Schließlich hob die „Discovery“ am 12.04.1985 um 13:59 UTC von Cape Canaveral ab — 55 Sekunden vor dem Ende des knapp einstündigen Startfensters. Dichte Regenwolken hätten beinahe die Entscheidung für einen Abbruch des Countdowns erzwungen. Neben Anik-​C1  befanden sich der amerikanische Syncom IV-​3  bzw. Syncom 403 sowie zwei Getaway Special (GAS) Container mit kleineren Experimenten im Frachtraum des Sguttle. Diese wurden ebenso von der Crew betreut, wie einige Forschungsapparaturen in der Druckkabine. Die Besatzung umfaßte Karol Bobko (Kommandant), Donald Williams (Pilot), Rhea Seddon, Jeffrey Hoffman und David Griggs (Missionsspezialisten) sowie Charles Walker und Jake Garn (Nutzlastspezialisten). Letzterer flog in seiner Eigenschaft als republikanischer Senator des US Bundesstaats Utah (und Vorsitzender des für das zivile Raumfahrtbudget zuständigen Komitees) auf einem Promotionflug der NASA. Die Mannschaft entsprach der eigentlich für STS 51-​E vorgesehenen (und mit Ausnahme der Nutzlastspezialisten ursprünglich schon für die gestrichene STS 41-​F Mission zusammengestellten). Lediglich der für STS 51-​E hinzugekommene französische Nutzlastspezialist Patrick Baudry mußte am Boden bleiben. Ihm hätte Senator Garn als Versuchsperson zur Verfügung stehen sollen.
Planmäßig wurde noch am 12.04.1985 zunächst der kanadische Anik-​C1  Satellit ausgesetzt. In sicherer Entfernung vom Shuttle zündete die PAM-​D Kickstufe und beförderte den Satelliten auf eine elliptische Transferbahn, bevor das Apogäumstriebwerk ihn auf eine geostationäre Bahn anhob. Stationiert wurde der Hughes HS-​376  Satellit über 107° West, wo er bis 1991 stationiert blieb und Ku-​Band Dienste bereitstellte. 1991 – 1993 stand er dann über 109° West, 1993 – 1997 über 72° West, 1997 – 1998 über 118° West und schließlich bis 1999 über 106° West. Am 14.04.2003 wurde er schließlich deaktiviert, nachdem er die garantierte Lebensdauer weit überschritten hatte. 1993 war Anik-​C1  an den argentinischen Satellitenbetreiber Paracomsat S.A. verkauft worden, der ihn als Nahuel-​C1  betrieb. 1997 kaufte ihn die Telesat zurück. 1999, zu diesem Zeitpunkt operierte der Satellit bereits auf einer inklinierten Bahn, übernahm Anik-​C1  wieder Aufgaben im südamerikanischen Raum als Nahuel I1. Im Jahr 2000 kaufte ihn dann Loral Skynet do Brasil und benannte ihn in Brasil 1 T um. Er verstärkte die Kapazitäten im Ballungsraum São Paolo, Rio de Janeiro und Brasilia. Eigentlich war eine Überbrückung bis zur für 2000 geplanten Indienststellung des Estrela do Sul Satelliten mit mehr als vierfacher Kapazität geplant. Doch dessen Start verzögerte sich schließlich bis Anfang 2004.
Unmittelbar nach dem Start von Anik-​C1  begannen die Vorbereitungen für das Aussetzen von Leasat 3. Der von Hughes für das Militär gebaute Kommunikationssatellit vom Typ HS-​381  konnte am 13.04.1985 ohne Schwierigkeiten ausgestoßen werden. Doch dann wurde der als Beoabachter mitfliegende Senator Garn Zeuge eines peinlichen Vorgangs. Der Sequenzer für die weitere Abfolge, angefangen vom Ausklappen der Antennen bis hin zur Zündung des Orbus Triebwerks, versagte. Der Satellit driftete „tot“ neben dem Shuttle. Daraufhin wurde zunächst eine 2-​tägige Verlängerung der Mission beschlossen, während die Crew begann, sich auf ein außerplanmäßiges Außenbordmanöver vorzubereiten. Missionsspezialistin Seddon improvisierte eine Art „Fliegenklatsche“, die bei einem Außenbordmanöver am Manipulatorarm befestigt werden sollte. Am 16.04.1985 war es dann soweit. Hoffman und Griggs verließen die „Discovery“ für 3:06 h zum ersten ungeplanten Außenbordmanöver des Shuttle Programms. Beide waren außergewöhnlich gut trainiert, da sie für die gestrichenen STS 41-​F und STS 51-​E Missionen für Außenbordmanöver qualifiziert worden waren und seither weiter trainiert hatten. Jeder verfügte über die Erfahrung aus mehr als 50 Trainingsstunden. Ohne Probleme befestigten sie die „Fliegenklatsche“ am RMS Manipulatorarm und kehrten dann in die Luftschleuse zurück. Am nächsten Tag manövrierte das Shuttle in unmittelbare Nähe des Satelliten. Missionsspezialistin Seddon stand an der Konsole des Manipulatorarms bereit. Sie sollte den außen am Satellitenkörper befindlichen Schaltkontakt für den Sequenzer aktivieren, während sich Bobko und Williams im Cockpit bereithielten, die „Discovery“ schnellstmöglich von dem Satelliten wegzusteuern. Doch obwohl Seddon den Schalter wohl mehrmals betätigte, zündete der Antrieb von Syncom IV-​3  nicht. Schließlich mußten die Versuche aufgegeben werden. Der Satellit wurde bei einer späteren Shuttle Mission im August 1985 doch noch repariert und erreichte danach problemlos seine Synchronbahn.
Erfolgreicher verliefen die sekundären Experimente an Bord des Shuttle. Die Crew durfte mit Brummkreiseln, Aufziehmäusen und Murmeln spielen. Ihr Treiben wurde gefilmt, um Kindern Bewegungsabläufe in der Schwerelosigkeit zu verdeutlichen. Nutzlastspezialist Walker arbeitete während des ganzen Fluges intensiv und wie später verlautete, auch erfolgreich, zum zweiten Mal an einer Elektrophorese-​Anlage. Im Auftrag von McDonnell Douglas und Johnson & Johnson stellte er u.a. Hormone gegen Diabetes her. Die Landung der „Discovery“ auf Runway 33 in Cape Canaveral erfolgte bei schwierigen Bedingungen (Seitenwind mit etwa 16 kmh–1 ) nach 167:55 h am 19.04.1985 um 13:55 UTC. Der Orbiter setzte knapp sechs Meter neben der Ideallinie auf der Piste auf und wurde vom Wind weitere vierzehn Meter seitwärts geschoben. Die Steuerung des Shuttle am Boden basierte damals ausschließlich auf dem differenzierten Einsatz der Bremsen. Kommandant Bobko mußte unter den Umständen massiv bremsen, um die „Discovery“ wieder auf Spur zu bringen. Dabei blockierten die Räder. Ein Reifen platzte, ein weiterer wurde nahezu durchgescheuert. Daraufhin wurden vorläufig Landungen auf der Betonpiste in Florida untersagt, bis die geplante Bugradsteuerung in den Orbitern eingebaut war. Relativ ernst waren auch die Schäden an den Kacheln des Hitzeschildes. An einer Stelle war heißes Plasma bis in die darunter liegenden Strukturen vorgedrungen und hatte erhebliche Schäden angerichtet.
In Erinnerung blieb die Mission auch wegen des beklagenswerten Zustands von „Jake“ Garn. Der Senator — früherer US Navy Pilot und immer noch aktiv bei der Utah Air National Guard mit insgesamt 10.000 Flugstunden Erfahrung — konnte seinen Raumflug nicht genießen. Er litt unter so extremen Symptomen der Raumkrankheit, daß er nach Aussage seiner Mannschaftskameraden kaum in der Lage war, die Toilette zu verlassen. Nach seiner glücklichen Rückkehr zur Erde begannen NASA Mediziner, nicht ganz ernst gemeint, den Schweregrad der Raumkrankheits-​Symptome bei anderen Astronauten in „Garn“ zu messen. Typischerweise erreichte die Stärke dabei 110 Garn, wenn überhaupt…