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Start der Athena 1 mit ROCSAT 1
ROCSAT 1 auf dem Nutzlastadapter

Anfang der 1990er Jahre kamen in Taiwan Pläne für den Aufbau einer eigenen Raumfahrt-​Infrastruktur auf. Es entstand das National Space Program Office (NSPO) mit dem Ziel, die Aktivitäten zum Bau und Start von zunächst drei Satelliten im Zeitraum von 15 Jahren zu koordinieren. Dabei war von vornherein klar, daß die Startkapazitäten ebenso wie das know-​how zum Bau der Satelliten auf dem Weltmarkt eingekauft werden mußten. Der Auftrag zum Bau des ersten Satelliten, ROCSAT 1 (Republic of China Satellite), ging im Juni 1994 an die amerikanische TRW Inc. Als Trägerrakete wurde die Lockheed Martin Athena I ausgewählt. Ein Team von Ingenieuren aus Taiwan nahme an der Entwicklung des Satelliten bei TRW teil. Außerdem lieferten taiwanesische Unternehmen Teile der Ausrüstung für den Satelliten, der auf der TRW LightSat Familie basierte. Mit dem ersten Satelliten der ROCSAT Serie sollten vor allem grundlegende Erfahrungen gesammelt werden. Dennoch erhielt ROCSAT 1 auch eine ernstzunehmende wissenschaftlich-​technische Mission. Ein Teil der Nutzlast diente Kommunikationsexperimenten. Diese Experimental Communications Payload (ECP) konnte Daten, Telefongespräche und Faxe im Ka-​Band übertragen. Eine zweite Nutzlast, der Ocean Color Imager (OCI), diente dagegen der Fernerkundung der Ozeane in 6 Spektralbereichen bei einer Auflösung um 800 m. Besonderes Ziel dieses Experiments waren die Suche nach Plankton und die Ortung von Fischschwärmen. Das dritte und letzte Experiment an Bord von ROCSAT 1 war das Ionospheric Plasma and Electrodynamics Instrument (IPEI). Dieses rein wissenschaftliche Experiment diente der Erforschung der Ionisierung in den oberen atmosphärischen Schichten. Die Daten der Experimente wurden auch Universitäten in den USA zugänglich gemacht. Ursprünglich war der Start von ROCSAT 1 für Ende 1998 geplant, verzögerte sich aber bis zum Januar 1999. Schließlich hob die Athena I am 27.01.1999 von Cape Canaveral ab und brachte den Satelliten auf die geplante 600 km Kreisbahn. Die Inbetriebnahme der Experimente gelang problemlos und der Satellit, der nach dem geglückten Start in Chunghua 1 (der chinesische Name für die Insel Formosa) und Ende 2004 nochmal in FORMOSAT 1 umbenannt worden war, nahm seinen Betrieb auf. Die Tatsache, daß der Satellit auch Erderkundungszwecken diente, führte zu politischen Verwicklungen, da die Volksrepublik China argwöhnte, Taiwan arbeite an einer eigenen Satellitenaufklärung.