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die Ariane 4 mit Anik-F1 auf dem Starttisch
Anik-F1 vor der Auslieferung

Die mit 4.710 kg schwerste jemals von einer Ariane 4 (Ariane-​44 L H10-​III) transportierte Nutzlast erreichte am 21.11.2000 von Kourou in Französisch Guyana präzise die projektierte geostationäre Transferbahn. Der von Boeing Satellite Systems gelieferte Anik-​F1  Satellit basierte auf dem modernen BSS-​702  Design, das es damals als einziges ermöglichte, die gewünschte Anzahl Transponder auf einem Bus unterzubringen. Den Bauauftrag hatte Telesat Canada im März 1998 an Hughes Space and Communications erteilt, die inzwischen vom Boeing Konzern übernommen worden waren. Der Satellit erhielt 36 C-​Band und 48 Ku-​Band Transponder. Zwei gewaltige Solarzellenflächen lieferten 16 kW an elektrischer Energie. Zur Optimierung der Ausbeute waren sie mit sogenannten „Konzentratoren“ ausgestattet. Die Kombination aus konventionellem R-​4D Triebwerk und vier4 XIPS-​25  Ionentriebwerken sollte ebenfalls zur Verlängerung der Lebensdauer beitragen, reduzierte sich doch der Verbrauch an konventionellem hypergolen Treibstoff. Nach dem Erreichen der Synchronbahn driftete der Satellit auf die Arbeitsposition bei 107° West. Schon nach relativ kurzer Zeit beobachtete man im Kontrollzentrum des Satelliten ein Nachlassen der Energieausbeute. Wie sich herausstellte, ließ die Wirksamkeit der „Konzentratoren“ rasch nach. Alle HS-​702  bzw. BSS-​702  der ersten Baulose waren betroffen und mußten vorzeitig abgelöst werden. Telesat Canada sah sich jedenfalls gezwungen, die Nordamerika-​Dienste von Anik-​F1  aufzugeben und sich auf den südamerikanischen Markt zu konzentrieren. Um die Versorgung der Kunden sicherzustellen, orderte man bei Astrium einen Eurostar 3000 S Satelliten, der Ende 2005 als Anik-​F1R in Dienst gestellt wurde. Telesat machte 2004 bei seinen Versicherern den Schaden geltend und erhielt 136,2 Mio. $ Schadenersatz zugesprochen. Allerdings wurden davon 49,1 Mio. $ nicht ausgezahlt, da nicht ausgeschlossen werden konnte, daß der Schadensverlauf einen geringeren Einfluß als prognostiziert auf die Leistung des Satelliten haben würde. Zudem mußte sich Telesat zur Rückzahlung von bis zu 36,1 Mio. $ verpflichten, sollte sich Anik-​F1  im Jahr 2007 in einem deutlich besseren Zustand befinden. Dem war offenbar jedoch nicht so, denn Telesat verklagte gemeinsam mit seinen Versicherern Boeing auf 385 Mio. $ Schadenersatz zuzüglich 10 Mio. $ für entgangene Gewinne. Der Disput über eine angemessen Höhe der Entschädigungen sollte noch Jahre anhalten. 2012 mußten die Forderungen auf nur noch 71 Mio. $ reduziert werden, nachdem Telesat eingestanden hatte, daß man intern mit einer Weiternutzung von Anik-​F1  bis zum Jahr 2022 kalkulierte, wenn auch nun mit einer tatsächlich reduzierten Transponderzahl.