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Start der Delta 7925 mit dem MER-A
die verlassene Landestufe von „Spirit“
Mars Exploration Rover (2003)
Computergrafik eines MER auf dem Mars
„Spirit” bei der Untersuchung eines Felsens
das blockierte Vorderrad von „Spirit“ gab den Wissenschaftlern teilweise unerwartete Einblicke in tiefere Schichten des Bodens...
der „Adirondack“ Felsen
Blick in den „Bonneville Crater“
geologisch interessante „Dark Rocks“ aufgenommen im August 2004
letzte Panorama-Aufnahme von „Spirit“ aus dem Gusev Krater

Nachdem der erste amerikanische Mars-​Rover „Sojourner“ den Nutzen eines mobilen Forschungslabors eindrucksvoll unterstrichen hatte, nahm die NASA mit dem Mars Exploration Rover Projekt gleich eine Doppelmission in ihr Marsprogramm auf. Diesmal sollten zwei Rover getrennt zum Mars gestartet werden und diesen für jeweils mindestens 90 Tage untersuchen. Gegenüber Sojourner wurden die MER mobiler und mit einem höheren Autonomiegrad ausgelegt. Die gestiegene Größe kam zudem der wissenschaftlichen Ausrüstung zugute. Die dennoch kompakten, auch nur 1,6 m langen, Rover wurden mit zwei Kamerasystemen ausgerüstet. Die Pancam (Panoramic Camera) wurde an der Spitze eines ausklappbaren Mastes angebracht, so daß Aufnahmen aus ca. 1,30 m Höhe über dem Marsboden gewonnen werden konnten. Das Kamerasystem ermöglichte die Gewinnung stereoskopischer Bilder unter Verwendung von Filtern, die den gesamten Bereich des sichtbaren Lichts bis hin zum Infrarot abdeckten. Die um 360° drehbare Pancam Mast Assembly (PMA) trug zudem noch Kameras für die Rover-​Navigation. Dagegen diente das Mini-​TES (Mini-​Thermal Emission Spectrometer) der Untersuchung der von den Forschungsobjekten emittierten IR-​Strahlung. Aus der Spektralanalyse konnten Aufschlüsse zur Zusammensetzung des Marsbodens und –gesteins gewonnen werden. Ein weiterer Ausleger an der Front der Rover trug eine Suite von Instrumenten. Mit dem dort montierten RAT, dem Rock Abrasion Tool, konnten auf einer Fläche mit 5 cm Durchmesser und bis in 5 mm Tiefe interessante Felsen angeschliffen werden. Dann kamen die Spektrometer und die Mikro-​Kamera zum Einsatz. Die Universität Mainz hatte zum MER Programm ein Mössbauer-​Spektrometer beigesteuert, das die mineralische Zusammensetzung des Marsgesteins mit hoher Präzision bestimmen konnte. Insbesondere eisenhaltiges Gestein konnte detailliert untersucht werden. Das Mainzer Max-​Planck-​Institut für Chemie hatte das APXS Instrument (Alpha Particle X-​ray Spectrometer) entwickelt. Dieses Instrument „beschoß“ die Probe mit Alphateilchen und analysierte die Energiespektren der zurückgeworfenen Alphateilchen und die emittierte Röntgenstrahlung. Aus den Messungen ließ sich das Vorhandensein einer Vielzahl chemischer Elemente ableiten. Die Untersuchungen der Spektrometer wurden durch den Einsatz des Microscopic Imager ergänzt. Diese mikroskopische Kamera lieferte extreme Nahaufnahmen des Marsgesteins, was speziell nützlich bei der Untersuchung von Sedimentgesteinen und der Suche nach Spuren von Wasser nützlich war. Gerade die Suche nach Wasser bzw. der Nachweis, daß es einst fließendes Wasser auf dem Mars gegeben hatte, war eine der zentralen Aufgaben des MER Programms. Demenstprechend wurden auch die Landeplätze im Vorfeld ausgewählt.
Der Start des ersten Rovers, MER 2, war ursprünglich für den 30.05.2003 geplant gewesen. In letzter Minute wurden aber noch zusätzliche technische Überprüfungen angeordnet und einige kleinere Probleme bei den Startvorbereitungen mußten behoben werden. Schließlich hob die Delta 7925  PAM-​D am 10.06.2003 um 17:59 UTC von Cape Canaveral ab. Aus einer kreisförmigen Parkbahn um die Erde beschleunigte die letzte Raketenstufe mit der Raumsonde in Richtung Mars. Einmal auf Kurs, wurde die Landestufe von dem Triebwerk abgetrennt und setzte ihren Flug zum Ziel fort. Vier Kurskorrekturen erfolgten bis zur Ankunft am Mars. Am 20.11.2003 endete die interplanetare Flugphase und der Endanflug auf den Planeten begann. Die Landesequenz wurde am 04.01.2004 ausgelöst. 15 min vor dem Erreichen der äußeren Atmosphärenschichten wurde die nicht mehr benötigte Manövrierstufe des Landers abgetrennt. Mit 19.300 kmh–1  trat dieser dann in die äußeren Schichten der Marsatmosphäre ein. Innerhalb von nur vier Minuten verzögerte die Sonde auf 1.600 kmh–1 . Dann wurde die Aeroshell abgeworfen und der Fallschirm ausgestoßen. In 100 m Höhe bei einer Geschwindigkeit von nur noch 300 kmh–1  lösten Bremstriebwerke aus und die Airbags entfalteten sich. Mit noch rund 50 kmh–1  traf der von den Airbags geschützte Lander im freien Fall auf dem Mars auf. Obwohl kleine Hilfstriebwerke die seitliche Drift im Endanflug minimierten, sprang der Lander etwa 8,4 m in die Höhe, prallte erneut auf und baute so Energie ab. Nach der 28. Bodenberührung blieb der Lander schließlich liegen, rund 250 bis 300 m von der ursprünglichen Landestelle entfernt. Mit nur 10 km Abweichung zum Zentrum der berechneten Landeellipse hatte der auf den Namen „Spirit“ getaufte Rover bei 14,57° Süd und 175,47° Ost den Mars erreicht. Die Zielregion im Krater Gusev war ausgewählt worden, weil man annahm, daß sich dort einst ein See befunden hatte. Bereits während des Abstiegs hatte die Landestufe Daten und Navigationsbilder übertragen. Kaum waren die Airbags entlüftet und die Systeme des Landers überprüft, übertrug Spirit die ersten Bilder von der Landestelle direkt zur Erde. An den folgenden Tagen wurden die PMA mit den Kameras ausgefahren und der Rover in Fahrbereitschaft versetzt. Doch zunächst mußte ein Problem überwunden werden. Einer der Airbags hatte sich nicht vollkommen entleert und blockierte nun eine der Rampen. Schließlich wurde entschieden, Spirit auf der Stelle um 120° zu drehen und eine seitliche Reserverampe zu benutzen. Am 15.01.2004 rollte Spirit erstmals über den Marsboden. Seine ersten Bilder zeigten eine mit vielen kleinen Gesteinsbrocken bedeckte Ebene. Einen in der Nähe befindlichen Felsen, den die Wissenschaftler „Adirondack“ getauft hatten, wählten sie als erstes Ziel für den kombinierten Einsatz der wissenschaftlichen Instrumente aus. Am 20.01.2004 erreichte der Rover den Felsen, doch am nächsten Tag brach die Kommunikation zwischen Spirit und dem Kontrollzentrum komplett zusammen. Nur noch wenige und zudem verstümmelte Signale trafen ein. Nach zwei Tagen konnten die Wissenschaftler aber schließlich genug Informationen aus den Fragmenten extrahieren, um der Ursache auf die Spur zu kommen. Wie sich zeigte, hatte der Bordcomputer von Spirit innerhalb der letzten drei Tage mehr als 60 Reboots ausgelöst. Ein Softwareproblem verhinderte das korrekte Management des verfügbaren Flashspeichers, was der Computer mit einem Reboot quittierte. In einem mehrtägigen Prozeß gelang es zunächst den Computer zu stabilisieren und dann eine neue Speicherverwaltungsroutine zu implementieren. Damit wurde die Mission von Spirit und vermutlich auch die von Opportunity, dem Zwillingsrover, gerettet. Jedenfalls demonstrierte Spirit doch noch erfolgreich die Funktion seiner Instrumente bei der Untersuchung von „Adirondack“ und begab sich dann zum rund 300 m entfernt liegenden „Bonneville Crater“. Unterwegs wurden eine Reihe weiterer Felsen untersucht. Am 11.03.2004 war der Kraterrand erreicht, doch konnten keine Hinweise auf die Aktivität von Wasser in dieser Region festgestellt werden, so daß von einem Abstieg in den Krater abgesehen wurde. Stattdessen nahm man die Tour zu den „Columbia Hills“ in Angriff, die man nach der Landung als Ziel der Mission ausgewählt hatte. Angesichts einer zurückzulegenden Entfernung von 2,6 km war die Hoffnung jedoch gering, mit Spirit jemals bis dorthin zu gelangen. Es sollte jedoch anders kommen. Am 11.06.2004 erreichte der Rover tatsächlich den Fuß der Bergkette und war immer noch in einem Zustand, der weitere Erkundungen zuließ. Wie sich herausstellen sollte, war es erst der Beginn einer mehrjährigen Mission, die immer neue aufsehenerregende Ergebnisse hervorbrachte. Auch Probleme mit einem blockierenden Vorderrad, die zunehmende Verschmutzung der Solarzellenflächen und der Energiemangel während mehrerer „Marswinter“ konnten die Mission nicht gefährden. Und trotz ernster Budgetprobleme verlängerte auch die NASA die Mission immer wieder. Und Spirit lieferte immer neue interessante Detailinformationen von der Marsoberfläche, die viel zum Verständnis der dortigen Prozesse beitrugen. Dabei überstand der Rover im Juli 2006 die bis dahin kälteste Marsnacht mit einer (errechneten) Tiefsttemperatur von –97 °C ebenso wie einen globalen Staubsturm, während dessen zeitweise nur noch 8,7% direktes Sonnenlicht am Boden ankam und die Energieausbeute der Solarzellen entsprechend auf neue Tiefststände sank. Das Ende von Spirit kam dann doch unerwartet. Am 29.04.2009 gruben sich seine Räder im lockeren Material einer „Sandfalle“ ein und brachten den Rover zum Stillstand. Nach wochenlangem Studium der Situation und dem Nachstellen im Labor auf der Erde wurde der Ernst der Lage immer deutlicher. Spirit war durch in einer Senke durch die dünne Kruste aus silikatreichem Material gebrochen, die über sich über losem Sand gebildet hatte. Ironischerweise war die wahrscheinlichste Theorie für das Entstehen der Kruste, daß einst fließendes Wasser Eisen-​Sulfate ausgelöst hatte, während die zurückbleibenden Kalziumsulfate sich verfestigen. Damit hatte Spirit ein weiteres Indiz für das frühere Vorhandensein von flüssigem Wasser geliefert. Spirit saß jedoch weiter in dem „Scamander“ getauften Krater fest. Die NASA startete eine Öffentlichkeitskampagne „Free Spirit“ und ließ alle Interessierten an den Bemühungen zur Rettung von Spirit teilhaben. Tatsächlich konnten aber nur Geländegewinne im Zentimeterbereich erzielt werden, so daß die Bemühungen schließlich eingestellt wurden. Daher konzentrierte sich die NASA darauf, Spirit als stationäre Forschungsstation durch den nächsten Marswinter zu bringen. Doch auch dafür standen die Voraussetzungen vergleichsweise schlecht. Spirit stand ungeschützt in der Ebene und es war unmöglich, die Solarzellen in eine bessere Neigung zur Sonne zu bringen. Am 22.03.2010 wurden die letzten Funksignale des Rovers empfangen, gut einen Monat bevor Spirit den „Ausdauerrekord“ von Viking 1 gebrochen hätte. Ab Mitte 2010 wurde intensiv versucht, aktiv und passiv wieder in Kontakt mit dem Rover zu treten. So wurden einerseits das UHF-​Kommunikationssystem des Rovers durch den Mars Orbiter „gerufen“, andererseits die Kommunikationsfenster zum Mars Reconnaissance Orbiter verkürzt, für den Fall, daß dieser gleichzeitig mit Spirit sendete. Als aber auch zur Zeit des nächsten Sonnenhöchststandes im März 2011 kein Kontakt aufgebaut werden konnte, mußte man sich die Hoffnungslosigkeit der Bemühungen eingestehen. Am 24.05.2011 endeten die Versuche. Für eine auf 90 Tage ausgelegte Mission waren die mehr als sechs Erden– oder fast dreieinhalb Marsjahre Forschung schon ein sensationelles Ergebnis!