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Start der „Discovery“ F-31
Aufnahme des Außentanks von STS-114, die klar ein großes Stück fehlenden Isolierschaums zeigt
„Discovery” nähert sich dem Modul „Destiny”
„Discovery” im Anflug auf die ISS
Blick auf das Logistik-Modul „Raffaello”
Stephen Robinson an der Spitze des Canadarm2
der Schatten von Steve Robinson auf dem Hitzeschild der „Discovery” bei seinem dritten Außenbordmanöver
STS-114 Post Flight Presentation
Blick auf die ISS von der abfliegenden „Discovery”
die „Discovery“ F-31 nach der Landung auf der EAFB

Der lange immer wieder verschobene Return to Flight des US Space Shuttle nach dem Verlust der „Columbia“ im Februar 2003 fand schließlich am 26.07.2005 um 14:39 UTC statt. Zu diesem Zeitpunkt hob nach zweieinhalb Jahren Zwangspause die „Discovery“ F-​31  zur Mission STS-​114  ab. Ziel des Unternehmens war die Versorgung der Raumstation ISS, weswegen das Unternehmen auch die Bezeichnung ISS-​ULF-​1  (International Space Station — Utility and Logistic Flight-​1 ) trug. Seit dem Ausfall des Space Shuttle war auf der ISS nur ein Notbetrieb unterhalten worden, da die russischen Progress Transportraumschiffe nur die notwendigsten Versorgungsgüter heranschaffen konnten. Jetzt transportierte die „Discovery“ rund 8.300 kg Ersatzteile, Versorgungsgüter, Lebensmittel und Experimente zur ISS. In der Nutzlastbucht war dazu u.a. das Multi Purpose Logistics Module (MPLM) „Raffaello“ installiert. Neben der Versorgung der Raumstation hatte die Mission aber natürlich noch ein weiteres entscheidendes Ziel: die Qualifikation der Modifikationen des STS seit dem Verlust der „Columbia“ und die Erprobung neuer Methoden und Abläufe. Dieser Teil des Unternehmens geriet unerwartet dramatisch. Nachdem die NASA zunächst einen perfekten Start bejubelte, der nach den vorangegangenen Verschiebungen (zuletzt war der Countdown am 13.07.2005 wegen eines fehlerhaften Treibstoffsensors etwa zwei Stunden vor dem geplanten Start abgebrochen worden) am 26.07.2005 auch exakt zum vorgesehenen Zeitpunkt erfolgte, gab es schon bald auf einer Pressekonferenz beängstigende Neuigkeiten. Während sich die Crew um Kommandantin Eileen Collins, Pilot James Kelly und die Missionsspezialisten Charles Camarda, Wendy Lawrence, Stephen Robinson, Andrew Thomas sowie Soichi Noguchi (Vertreter der japanischen Raumfahrtagentur JAXA) auf die Inbetriebnahme ihrer Experimente vorbereitete, wurden am Boden hektisch Telemetriedaten und Filmaufnahmen analysiert. Die Bilder zeigten, daß sich trotz der Modifikationen wieder Stücke des Isolierschaums am Außentank gelöst hatten. Einige kleinere trafen die „Discovery“, das größte verfehlte den Orbiter wohl knapp. Der zweite Flugtag wurde planmäßig genutzt, um mit diversen Kameras und Sensoren den Zustand des Orbiters zu dokumentieren. Dabei kam auch der Manipulatorarm zum Einsatz, der dank eines neuen Verlängerungssegments nun auch bisher unzugängliche Stellen erreichen konnte. Collins und Kelly steuerten unterdessen die „Discovery“ weiter an die ISS heran. Für den nächsten Tag war das Kopplungsmanöver vorgesehen. Doch zuvor manövrierte die „Discovery“ noch in unmittelbarer Nähe der Raumstation, so daß deren Besatzung, Sergej Krikaljow und John Phillips, mit ihren Kameras ebenfalls den Zustand des Hitzeschildes dokumentieren konnte. Das Docking fand dann am 28.07.2005 um 11:17 UTC statt. Nach der Begrüßung durch die Stammbesatzung der ISS und einer Ruhephase stand am nächsten Tag das Ankoppeln des MPLM an der Station auf dem Programm. Per Canadarm2 wurde es an die Luftschleuse des „Unity“ Knotens umgesetzt. Nachdem die hermetische Verriegelung geprüft war, begann das Entladen des Frachtmoduls. Andere Crewmitglieder verfrachteten bereits Ausrüstungsgegenstände aus dem Zwischendeck des Orbiters auf die Station. Parallel zu diesen Arbeiten wurde der Canadarm2 auf die mobile Basis an der Außenhaut der ISS umgesetzt, um weitere Inspektionen der Shuttle-​Unterseite mit dem neuen Sensorsystem zu unternehmen. Dabei wurden lediglich kleinere Schäden entdeckt, doch die Presseagenturen am Boden überboten sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit Sensationsgeschichten über das mit defektem Hitzeschild im All gestrandete Shuttle. Da nützte es auch wenig, daß wesentlich weniger Beschädigungen entdeckt wurden, als durchschnittlich bei früheren Missionen gefunden worden waren. Davon unbeeindruckt widmete sich die Crew weiter ihrem Programm. Am 30.07.2005 um 09:46 UTC verließen Robinson und Noguchi die Luftschleuse der „Discovery“ für einen Außenbordaufenthalt, der schließlich 6:50 h dauern sollte. Sie erprobten zunächst verschiedene Verfahren zur Ausbesserung von Defekten am Hitzeschild, bevor sie sich der Reparatur eines ausgefallenen Lageregelungskreisels der ISS widmeten. Sie überbrückten einen defekten Stromkreis und brachten CMG #2 wieder online. CMG #1 mußte dagegen bei einer kommenden EVA komplett getauscht werden. Hierfür montierten die beiden Astronauten zunächst eine Arbeitsplattform. Da die Arbeiten vorzeitig abgeschlossen werden konnten, hatten Robinson und Noguchi noch Zeit, einige Probenbehälter zu demontieren und Fotos anzufertigen. Zwei Tage später stand das nächste Außenbordmanöver für Robinson und Noguchi auf dem Flugplan. Unterstützt vom Canadarm2, den Kelly und Lawrence bedienten, tauschten sie am 01.08.2005 ab 08:42 UTC den defekten Lageregelungskreisel CMG #1 komplett aus. Damit verfügte die ISS wieder über vier einsatzbereite Gyroskope, was die Reserven des Lageregelungssystems deutlich erhöhte. Nach 7:14 h hatten die Astronauten das komplexe Manöver erfolgreich abgeschlossen und waren zurück an Bord. Während die anderen Crewmitglieder noch immer Fracht zur ISS herüberschafften und begannen, das MPLM mit Abfällen zu beladen, bereiteten sich Robinson und Noguchi am nächsten Tag auf ihr drittes Außenbordmanöver vor. Die Flugleitung hatte entschieden, nun doch eine kleinere Reparatur am Hitzeschild der „Discovery“ vornehmen zu lassen. Nach dem Ausstieg um 08:48 UTC am 03.08.2005 zog Robinson dann vorsichtig zwei überstehende Spaltfüller zwischen den Hitzeschutzkacheln heraus. Statt kalkulierter 90 Minuten hatte der ganze Vorgang 10 Minuten gedauert! Damit blieb reichlich Zeit für die weiteren Arbeiten. Die Vorratsplattform ESP 2 (External Stowage Platform) wurde an der ISS montiert und der MISSE 5 (Materials International Space Station Experiment) Probenbehälter installiert. Nach 6:01 h — und damit noch immer eine Stunde vorzeitig — waren die mit ihrer Arbeit zufriedenen Astronauten zurück an Bord. Die beiden nächsten Flugtage wurden weiter genutzt, um die letzten Verladearbeiten abzuschließen. Insgesamt 8,3 Tonnen Ausrüstungsgegenstände und Vorräte waren schließlich auf der ISS verstaut worden und etwa 11 Tonnen an Ausrüstungsgegenständen und Experimenten sowie Abfällen zur Rückführung auf die Erde im MLPM bzw. Shuttle-​Zwischendeck eingelagert. Am 05.08.2005 wurde „Raffaello“ von der Station abgekoppelt und mit dem Manipulatorarm in der Nutzlastbucht der „Discovery“ verstaut. Für den nächsten Tag war die Abkopplung von der ISS geplant. Am 06.08.2005 um 07:24 UTC löste sich der Orbiter von der Raumstation und driftete langsam von ihr weg. Nachdem noch einige Fotoserien von der ISS Crew „geschossen“ worden waren, zündete die „Discovery“ ihre Manövertriebwerke und schwenkte auf eine eigene Bahn ein. Nach den arbeitsreichen Tagen an Bord der Raumstation standen nun nur noch wenige Aktivitäten auf dem Flugplan. Die bereits in der Rendezvousphase um einen Tag verlängerte Mission wurde nochmals um 24 Stunden erweitert, da das Wetter laut Prognose am 08.08.2005 eine Landung in Florida nicht zuließ. Auch am nächsten Tag war eine Landung dort nicht möglich und so wurde die „Discovery“ nach Kalifornien auf die Runway 22 der Edwards AFB umgeleitet. Dort endete am 09.08.2005 um 12:11 UTC nach 333:32 h die Mission mit der sechsten Nachtlandung des Shuttle-​Programms.
Zum Zeitpunkt der Landung zeigte sich die NASA noch optimistisch, die nächste Shuttle-​Mission planmäßig am 22.09.2005 zu starten. Doch die Realität sah anders aus. Während der nächsten Mission der „Atlantis“ mußte die „Discovery“ in Cape Canaveral für eine Rettungsmission bereitstehen. Doch nach der ungewollten Landung in Kalifornien verzögerte schlechtes Wetter die Überführung nach Florida. Erst zwei Wochen später traf das Shuttle wieder in Cape Canaveral ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte die NASA aber bereits viel größere Sorgen. Der Verlust von Teilen der Isolierung des Außentanks war gravierender, als man das bisher zugegeben hatte. Vor allem der Bereich der PAL (Protuberance Air Load) Rampe bereitete Kopfzerbrechen. Gerade der Tank für die STS-​114  war vor dem Start umfangreich nachgearbeitet worden, um eben genau solche Isolierschaumverluste zu verhindern. Tröstlich blieb zwar, daß die „Discovery“ selbst in ungewöhnlich gutem Zustand zur Erde zurückgekehrt war und auch die Mission selbst war praktisch ohne die üblichen technischen Probleme (Toilette, Klimaanlage etc.) verlaufen. Doch blieb der bittere Beigeschmack, daß das eigentliche Problem, das zum Verlust der „Columbia“ geführt hatte, noch immer ungelöst war. Und daß man nur mit viel Glück dem Zusammenprall mit einem halbmeterlangen Stück Isolierschaum entgangen war. Ohne daß man ein wirkliches Konzept für weitere Modifikationen hatte, wurden daher die Shuttle-​Flüge bis auf weiteres erneut ausgesetzt.