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Start des Weltraumteleskops Kepler
das Kepler Teleskop bei Ball Aerospace

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts verstärkte sich das Interesse der Wissenschaftler an konkreten Projekten zur Suche nach Exoplaneten. Untersucht wurden verschiedene technische Ansätze. Bei der NASA wurde u.a. der Ansatz studiert, ein leistungsfähiges Teleskop mit einem empfindlichen Fotometer zu kombinieren. Geplant war, die Optik auf ein ausgewähltes Gebiet des Sternenhimmels im Sternbild Schwan auszurichten. Der Durchgang eines extrasolaren Planeten vor seinem Stern sollte den Berechnungen zufolge eine meßbare Verdunkelung bewirken. Für einen Planeten in Erdgröße erwarteten die Wissenschaftler eine Verdunkelung in der Größenordnung von 0,1 ‰! Trotz dieser extrem geringen Helligkeitsschwankung erhofften sich die Astronomen mit diesem Verfahren gerade auch den Nachweis von vergleichsweise kleinen erdähnlichen Planeten. Konstruktiv setzte man bei dem auf den Namen Kepler getauften Satelliten auf ein Schmidt-​Teleskop mit einem Hauptspiegel von 1,4 m Durchmesser. Eines der größten jemals nach diesem Verfahren gebauten Teleskope und das bisher größte auf einem Satelliten. Das einfallende Licht wurde auf ein Gitter von 42 CCD-​Sensoren mit je 2.200×1.024 Pixeln gelenkt. Damit verfügte der Fotometer über einen Sensor mit insgesamt rund 95 Megapixeln. Trotz der Empfindlichkeit der Instrumente blieb die Entdeckung eines Exoplaneten ein rares Ereignis, hing sie doch von vielen weiteren Faktoren ab. Daher wurde wenigstens eine Umlaufbahn gewählt, die eine kontinuierliche Beobachtung der Zielregion zuließ. Nach dem Start am 07.03.2009 mit einer Delta 7925  PAM-​D von Cape Canaveral wurde Kepler darum nicht in einen Erdorbit eingeflogen, sondern in eine Bahn um die Sonne, die der der Erde geringfügig hinterher läuft. Damit wurden periodische Verdeckungen der Zielregion durch die Erde vermieden. Zwei Monate nach dem Start war die Kalibrierungsphase abgeschlossen und die Überwachung der etwa 100.000 Sterne im Sternbild Schwan begann. Die Wahrscheinlichkeit, einen erdähnlichen Planeten in einer erdähnlichen Umlaufbahn um einen sonnenähnlichen Stern zu entdecken, war vor dem Start auf etwa 0,5 % berechnet worden. Also sollte Kepler hunderte von ihnen entdecken. Tatsächlich wurde im Laufe des Jahres 2010 der Nachweis von sieben neuen Exoplaneten bekanntgegeben. Drei weitere waren bereits vor dem Start mit terrestrischen Beobachtungsmethoden entdeckt und ihre Existenz nun durch Kepler bestätigt worden.
Die Kepler Mission wurde von der NASA im Rahmen des Discovery Programms für Wissenschaftsmissionen realisiert. Ursprünglich war die Discovery 10 Mission auch als Pfadfinder für die Technologie einer noch weitaus leistungsfähigeren Sonde geplant gewesen. Der Terrestrial Planets Finder (TPF) sollte nicht nur erdähnliche Planeten nachweisen, sondern auch ihre chemische Zusammensetzung und die ihrer Atmosphäre bestimmen können. Doch im Rahmen der Kürzung des Budgets für das NASA Wissenschaftsprogramm wurde diese Mission im Jahr 2006 gestrichen. Das Jahr erwies sich auch als entscheidend für den Fortgang des Kepler Projekts. Die Entwicklung mußte gestreckt und der Aufbau des Satelliten vereinfacht werden. Die Maßnahmen verzögerten den Start um rund zwei Jahre. Abgesichert war zum Startzeitpunkt die Finanzierung der Mission für die Dauer von dreieinhalb Jahren. Allerdings fielen bereits Anfang Januar 2010 zwei der CCD Module aus und reduzierten so das Blickfeld von Kepler. Weitere Probleme betrafen die Ausrichtung des Teleskops. Im Juli 2012 versagte eines der Reaktionsräder von Kepler. Mit drei verbliebenen konnte die Mission aber bis auf weiteres fortgesetzt werden. Als Anfang Januar 2013 jedoch erhöhte Reibungswerte in einem zweiten Reaktionsrad registriert wurden, drohte das Ende. Daraufhin wurden die Reaktionsräder für einige Tage komplett stillgelegt in der Hoffnung, daß sich das verbliebene Schmiermittel in dieser Zeit durch Diffusion in den Lagern besser verteilen würde. Das schien sich auch zunächst zu bestätigen. Dennoch fiel am 11.05.2013 das nächste Reaktionsrad komplett aus. Im August 2013 mußte die NASA daher das Ende der ursprünglichen Mission bekanntgeben. Gleichzeitig suchte man aber nach Möglichkeiten, die verbliebenen Kapazitäten des Teleskops weiter zu nutzen. Ende 2013 war ein Plan ausgearbeitet, mit zwei Reaktionsrädern, dem sporadischen Einsatz der Lageregelungstriebwerke und unter geschickter Nutzung bzw. Kompensation des Strahlungsdrucks der Sonne Kepler raumstabil zu halten. Das ließ zwar nur noch Beobachtungen entlang der Ekliptik zu. Doch auch jetzt gelangen noch eine Reihe bedeutender Entdeckungen. Zwischen zwei Datenübertragungssessionen am 04. und 07.04.2016 versetzte sich Kepler dann unerwartet in einen Notfallmodus, der zwar eine sichere Kommunikation über das DSN (Deep Space Network) sicherstellte, aber auch viel Treibstoff verbrauchte. Am 10.04.2016 konnte der Notfallmodus verlassen werden und knapp zwei Wochen später lieferte Kepler wieder wissenschaftliche Daten. Unter günstigen Umständen erwartete man nun das unvermeidbare Ende der Mission im Laufe des Jahres 2018 — wenn der Treibstoff aufgebraucht sein würde. Die Prognose bestätigte sich, als im September/Oktober 2018 Probleme bei der Ausrichtung von Kepler auftraten. Bis zum 15.10.2018 wurden noch die Daten der letzten Meßkampagne übertragen. Und Mitte November 2018 erfolgte die weitgehende Passivierung und Abschaltung der Systeme von Kepler.