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Start von CryoSat 2
letzter Blick auf CryoSat 2
CryoSat 2 im Inneren des Kopfblocks der Dnepr-1

Mit Bangen verfolgten Wissenschaftler in der ganzen Welt den Start einer Dnepr-1 Rakete am 08.04.2010 vom Kosmodrom Baikonur. Ihre alleinige Nutzlast bestand in dem ESA Forschungssatelliten CryoSat 2, von dem sich die Wissenschaftler Informationen zur Dicke des schwimmenden polaren Eises in bisher nicht erreichter Präzision erhofften. Die Daten waren von großer Bedeutung für die Abschätzung der tatsächlichen Auswirkungen der globalen Erwärmung und ihres Verlaufs. Bereits 1999 war die CryoSat Mission von der ESA zur Realisierung ausgewählt worden. Nach jahrelanger Vorbereitung startete der in Deutschland bei der Astrium GmbH in Friedrichshafen gebaute Satellit am 08.10.2005 mit einer Rockot-​KM Rakete von Plesetsk in Nordrußland. Zum Entsetzen der Beteiligten versagte jedoch die sonst als sehr zuverlässig geltende Rakete. Ein Programmierfehler führte dazu, daß der Computer das Zündkommando für die dritte Raketenstufe nicht freigab. Angesichts der Bedeutung der Mission konnte erstaunlich rasch ein Konsens erzielt werden, das Unternehmen nachzuholen. Bereits Ende Februar 2006 wurde entsprechend entschieden, einen verbesserten Ersatzsatelliten zu bauen, der bis zum Frühjahr 2009 startklar sein sollte. Dabei konnte die Tatsache genutzt werden, daß einige Baugruppen und Instrumente aus der Testphase von CryoSat noch existierten und flugtauglich gemacht werden konnten. Wie sein Vorgänger erhielt auch CryoSat 2 den Radar-​Höhenmesser SIRAL (SAR/Interferometric Radar Altimeter) als primäres Instrument. Das Instrument sollte Messungen mit einer vertikalen Auflösung von 1 bis 3 cm erlauben, bei einer horizontalen Lokalisierung mit etwa 300 m Abweichung. Dazu kamen der DORIS (Doppler Orbitography and Radiopositioning Integration by Satellite) Signalempfänger und Laserreflektoren, die eine präzise Bahnvermessung unterstützten. Auch der Start des Ersatzsatelliten wurde ursprünglich auf einer Rockot Rakete gebucht. Doch sollte sich herausstellen, daß diese im geplanten Startzeitraum voraussichtlich nicht verfügbar sein würde. Daraufhin suchte die ESA nach Alternativen und wurde beim Anbieter Kosmotras mit seiner Dnepr-​1  Rakete fündig. Problematisch war jedoch die Zielflugbahn. Denn die polare (nicht sonnensynchrone) Bahn ließ sich von Plesetsk weitaus leichter erreichen als von Baikonur. Doch für die Dnepr Rakete gab es in Plesetsk keine Startanlagen. Bei einem Start von Baikonur erwies es sich jedoch als schwierig, den Überflug bewohnter Gebiete zu vermeiden und die Aufschlagzonen der ausgebrannten Raketenstufen im Einvernehmen mit den Nachbarstaaten zu regeln. Wenige Tage vor dem für Ende Februar 2010 geplanten Start kam es dann zu einer erneuten Verzögerung. Experten des Raketenherstellers Juschnoje hatten Zweifel angemeldet, ob die Treibstoffvorräte der zweiten Stufe der Rakete ausreichten, die komplexe Aufstiegsbahn mit dem Satelliten zu bewältigen. Sicherheitshalber wurde daher ein anderer Steuerungscomputer mit speziell für diese Mission berechneten Werten zum Mischungsverhältnis der Treibstoffkomponenten bereitgestellt und kurzfristig eingeflogen. Am 08.04.2010 gelang dann ein perfekter Start. Die umgerüstete Interkontinentalrakete, die für diese Mission mit einer extra großvolumigen Nutzlastverkleidung ausgerüstet worden war, brachte CryoSat 2 präzise auf den vorausberechneten Orbit in knapp 720 km Höhe. Wenige Tage später wurden die Instrumente aktiviert und CryoSat 2 lieferte die ersten Meßdaten. Nach dem Ende der Inbetriebnahme– und Kalibrierungsphase übertrug der Satellit tatsächlich Daten in einer Qualität, die die Hoffnungen noch übertraf. Auch die Langlebigkeit des Satelliten trug zum großen Erfolg der Mission bei. Denn die Auslegungsbetriebsdauer von drei Jahren wurde eindrucksvoll überschritten.