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Start der STS-132 Mission
Blick in die Nutzlastbucht (vorn der Kopplungsadapter)
die angedockte „Atlantis“
Umsetzen des „Rassvjet“ Moduls
Stephen Bowen bei der ersten EVA während STS-132
Garrett Reisman mit der Ku-Band Antenne
das „Kibō“ Modul aufgenommen während STS-132
Touchdown!

Mit dem Start der US Raumfähre „Atlantis“ zu ihrer zweiunddreißigsten Mission nahm das Ende des Space Shuttle Programms greifbare Züge an. Denn die Mission STS-​132  „Atlantis“ F-​32  war nach damaligem Stand der Planungen zugleich der letzte Flug dieses Orbiters. Sukzessive sollten bis zum Frühjahr 2011 auch die anderen Orbiter außer Dienst gestellt werden. Primäre Aufgabe des ISS-​ULF4  Unternehmens war der Transport des kleinen russischen Forschungslabors „Rassvjet“ (russ. „Рассвет“). Dieses war bei RKK Energija auf der Basis von Hardware gebaut worden, die ursprünglich für ein sogenanntes Docking and Stowage Module entworfen worden war. Nachdem das DSM aber wegen Budgetengpässen nicht realisiert werden konnte, brachte man einen größtmöglichen Teil der bereits gebauten Komponenten sowie die vorhandene Druckzelle der ebenfalls gestoppten Science Power Platform (SPP), russisch Научно-​Энергетическая Платформа (НЭП), in das neue Projekt eines Docking and Cargo Module (DCM) / Стыковочно-​Грузовой Модуль (СГМ) ein, aus dem schließlich das Mini-​Research Module 1  (russ. Малый Исследовательский Модуль) entstand. Das MRM (МИМ) sollte zukünftig einen Dockingport für Sojus– bzw. Progress-​Raumschiffe bieten und als Stauraum dienen. Aber auch eine wissenschaftliche Nutzung war vorgesehen, wozu u.a. eine Experimenten-​Luftschleuse verfügbar war. In der Nutzlastbucht der „Atlantis“ waren neben dem „Rassvjet“ Modul auch eine Reihe von sperrigen Ersatzteilen für die ISS untergebracht, die nach dem Ende des Shuttle Programms nur noch umständlich zur Internationalen Raumstation befördert werden konnten. Die Besatzung des Shuttle bestand aus Kommandant Kenneth Ham, Pilot Dominic Antonelli und den vier Missionsspezialisten Garrett Reisman, Michael Good, Stephen Bowen sowie Piers Sellers. Anstelle von Good war ursprünglich Karen Nyberg benannt worden, doch im August 2009 gab die NASA bekannt, daß sie aufgrund einer vorübergehenden medizinischen Einschränkung zurückgestellt worden war. Schon fast ungewohnt reibungslos verliefen die Startvorbereitungen der „Atlantis“. Grund zur Sorge bereitete eigentlich nur das „Rassvjet“ Modul. Technikern war aufgefallen, daß bereits vor dem Einsetzen in die Nutzlastbucht des Shuttle Teile der Außenfarbe abgeplatzt waren. Außerdem lösten wiederholt die Rauchdetektoren des Moduls bei einem Selbsttest Alarm aus. Dennoch wurde „Rassvjet“ für startklar erklärt. Pünktlich hob die „Atlantis“ am 14.05.2010 um 18:20 UTC von Cape Canaveral vor den Augen zahlreicher prominenter Gäste, unter ihnen Anatoli N. Perminow, damaliger Leiter der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, ab. Präzise wurde die Ausgangsbahn für die weiteren Annäherungsmanöver an die ISS erreicht. Probleme bereitete am nächsten Tag dann der Einsatz des Orbiter Boom Sensor System (OBSS) zur Inspektion der Shuttle Außenhaut. Eine Kabelschlaufe hatte sich verheddert und blockierte den Einsatz des Laser Dynamic Range Imager (LDRI) und der Intensified TV Camera (ITVC). Den weiteren Verlauf der Mission beeinflußte das aber zunächst nicht. Am 16.05.2010 absolvierte der Orbiter dann sein bekanntes Rendezvous Pitch Maneuver (RPM), einen 360° Überschlag, vor den Augen der ISS Besatzung, bevor um 14:28 UTC das Docking vollzogen wurde. Nach der Begrüßung der Gäste an Bord der ISS und einer vorgeschriebenen Sicherheitseinweisung begannen bereits die Vorbereitungen für die erste EVA. Auch wurden einige zeitkritische Experimente ausgetauscht. Shuttle Missionsspezialist Sellers und ISS Crewmitglied Tracy Caldwell-Dyson brachten mit dem Manipulatorarm der ISS die ICC-​VLD (Integrated Cargo Carrier-​Vertical Light Deployable) Frachtpalette in Position für den kommenden Weltraumausstieg. Diesen unternahmen am 17.05.2010 ab 11:54 UTC gemeinsam die beiden Missionsspezialisten Reisman und Bowen. Sie lösten die auf dem ICC-​VLD verstaute Reserve Ku-​Band Antenne aus ihrer Verankerung. Doch die Montage der Space to Ground Antenna (SGANT) an der ISS sollte sich als problematisch erweisen. Zunächst blieb nach dem Anziehen der Schrauben ein Spalt zwischen Antenne und Montageplatte. Auch nachdem die Schrauben gelöst und nochmals mit größerem Drehmoment angezogen worden waren, konnte dieser nicht vollständig geschlossen werden. Das Kontrollzentrum entschied daraufhin, nicht noch mehr Zeit auf dieses Problem zu verwenden und mit den weiteren Arbeiten fortzufahren. Doch hierbei kam es zum nächsten Zwischenfall. Als Bowen eine Schutzkappe von einem Stecker entfernte, erkannte einer der Command and Control (CNC) Computer eine Anomalie und fuhr herunter, was die Kommunikation für zwei Minuten unterbrach und auch die Arbeiten des Manipulatorarms der Station stoppte. Immerhin gelang später die Installation einer neuen Werkzeugplattform an Dextre ebenso problemlos wie das Lockern von Haltebolzen an den Batterien der Station. Nach 7:25 h war die EVA beendet. Der Flugplan am 18.05.2010 stand im Zeichen der Übernahme des MRM 1. Mit dem Manipulatorarm der „Atlantis“ wurde es aus der Nutzlastbucht herausgehoben, vom Canadarm2 der ISS übernommen und mit diesem am „Sarja“ Modul angedockt. Im Laufe des Tages wurde das OBSS an den Manipulatorarm der Station übergeben und dort „geparkt“. Am 19.05.2010 waren Bowen und Good „früh auf den Beinen“. Ihre EVA war bereits um eine halbe Stunde vorverlegt worden. Doch ihre Vorbereitungen verliefen so zügig, daß sie die Luke nochmals 25 Minuten früher öffneten und um 10:38 UTC offiziell die EVA begannen. Bowens erste Aufgabe war es, die verhedderten Kabel am OBSS zu entwirren. Das war mit wenigen Handgriffen erledigt. Gemeinsam widmeten sich die beiden Missionsspezialisten dann dem Austausch von drei der sechs Batterien am Backbord Truss der ISS. Diese waren seit November 2000 im All und näherten sich dem Ende ihrer Lebensdauer. Da die Arbeiten gut voran kamen, tauschten Bowen und Good noch eine vierte Batterie. Schließlich wandten sich beide nochmal der zwei Tage zuvor montierten Ku-​Band Antenne zu. Die Schrauben wurden nochmals nachgezogen und mit vollem Körpereinsatz getestet, ob die Antenne auch wirklich fest saß. Dann entfernten die Astronauten noch die Transportsicherungen und gaben die Antenne somit zur Nutzung frei. Das zweite Außenbordmanöver hatte 7:09 h gedauert. Am 20.05.2010 wurde erstmals die Luke zum „Rassvjet“ Modul geöffnet. Oleg Kotow und Alexander Skworzow berichteten, daß sie einige Metallspäne im Inneren beobachtet hatten. Diese mußten zunächst aufgefangen werden, da sonst die Gefahr bestand, sie einzuatmen. Die dritte und letzte EVA dieser Mission unternahmen am 21.05.2010 ab 10:27 UTC dann Good und Reisman. Zunächst führten sie einige Arbeiten am Ammoniak-​Kühlkreislauf im Bereich des P4/P5 Truss durch. Dann begaben sie sich zum P6 Truss, wo sie die letzten beiden Batterien tauschten. Die alten Exemplare wurden in der Nutzlastbucht des Orbiters verstaut. Anschließend holten sie einen Adapter für den Canadarm-​Greifer aus der Nutzlastbucht der „Atlantis“ und brachten ihn zur „Quest“ Luftschleuse. Die verbliebene Zeit wurde genutzt, um einige Isolierungen an Dextre zu fixieren und Werkzeuge zu verstauen. Das Außenbordmanöver war nach 6:46 h abgeschlossen. Der nächste Tag wurde u.a. genutzt, um einige Transfers zwischen Shuttle und ISS abzuschließen sowie die ICC-​VLD wieder in der Nutzlastbucht zu verstauen. Am 23.05.2010 um 15:22 UTC koppelte die „Atlantis“ schließlich von der ISS ab. Pilot Antonelli manövrierte sie dann bis auf etwa 120 m Abstand zur Station und umflog diese anschließend. Die nächsten zwei Tage vergingen mit den Nachbereitungen des ISS Aufenthalts und der Vorbereitung der Landung. Nachdem die mit dem OBSS gewonnenen Daten ebensowenig Schäden am Hitzeschild des Orbiters gezeigt hatten, wie die HD Aufnahmen der ISS Crew beim Abflug, war der Weg frei für die Rückkehr zur Erde. Mit einer Triebwerkszündung wurde schließlich die Rückkehr nach Florida eingeleitet. Dort setzte die „Atlantis“ am 26.05.2010 um 12:48 UTC auf Runway 33 des Kennedy Space Center auf. Die erfolgreiche Mission hatte 282:28 h gedauert.