Address:
beste Wünsche für die „Discovery“ vor ihrem letzten Start
Risse im Isolierschaum des Außentanks
Nachtaufnahme der „Discovery“ auf der Startrampe
Triebwerkssektion der „Discovery“ gesehen von der ISS
PMM „Leonardo“ Augenblicke vor dem Docking
Alvin Drew und Stephen Bowen bei ihrer ersten gemeinsamen EVA
Alvin Drew bei der ersten der beiden EVAs
Stephen Bowen während der zweiten EVA
STS-133 Highlights
seltener Blick auf das „Heck“ der ISS mit dem ATV aus der abfliegenden „Discovery“
letztes Rollout der „Discovery“ vor dem VAB des KSC

Mit der STS-​133  Mission der „Discovery“ im Februar/März 2011 rückte das Ende des Space Shuttle Programms sichtbar näher. Das drittletzte Shuttle Unternehmen war ursprünglich für Anfang November 2010 geplant gewesen. Der angestrebte Termin 01.11.2010 hatte Bestand, obwohl Techniker unter erschwerten Bedingungen auf der Startrampe ein Leck im Treibstoffsystem des OMS beheben mußten. Um den Zeitplan nicht zu gefährden, hatte man sich entschieden, die Arbeiten auf der Rampe vorzunehmen. In horizontaler Lage war die Einbaustelle durch den OMS Pod noch recht gut zugänglich, auf der Rampe und in vertikaler Position war der Zugang ungleich schwieriger. Dennoch konnte das Leck im RCS lokalisiert und rapariert werden, ohne daß der Starttermin gefährdet gewesen wäre. Doch dann trat ein Problem mit dem Main Engine Controller (MEC) von SSME #3 auf. Das System war zwar redundant ausgelegt und zeigte bei weiteren Tests keine Auffälligkeiten mehr. Doch wollte man die Anomalie zunächst vollständig verstehen, bevor man eine Entscheidung über das weitere Vorgehen traf. Dadurch ergab sich eine 72-​stündige Startverschiebung. Am 04.11.2010 waren die Wetterprognosen aber so schlecht, daß gar nicht erst mit dem Betanken des Shuttle Außentanks begonnen wurde. Einen Tag später mußte das Betanken vorzeitig abgebrochen werden, nachdem an einem Tankstutzen eine unzulässig hohe Konzentration gasförmigen Wasserstoffs registriert wurde. Die Ground Umbilical Carrier Plate (GUCP) bildete die Schnittstelle zwischen dem Wasserstofftank und der Ableitung für verdampfenden Wasserstoff. Probleme in diesem Bereich waren nicht neu. Und so war man optimistisch, die „Discovery“ doch noch innerhalb des engen Zeitfensters für die ISS Missionen der verschiedenen Nationen zum Jahreswechsel 2010/2011 startklar zu haben. Der Außentank wurde entleert und eine gründliche Untersuchung angeordnet. Beiläufig entdeckte man im Rahmen der Arbeiten zunächst einen Riß im Isolierschaum des Außentanks. Als man diesen reparieren wollte und zu diesem Zweck die Isolierung etwas weiträumiger entfernte, entdeckte man zwei Risse in einem darunterliegenden Stringer. Das war ein neues Problem. Es machte eine gründliche Analyse, die weiträumige Suche nach weiteren Rissen und einen Betankungstest erforderlich, mit dem der Erfolg der Reparaturen bewertet werden sollte. Fast schon beiläufig hatte man das ursprüngliche Problem für die Undichtigkeit gefunden. Die GUCP war so unglücklich montiert/justiert worden, daß sich durch die thermisch bedingten Verformungen während des Betankens ein zunehmender Spalt ergab. Der Betankungstest am 17.12.2010 zeigte, daß die Leckrate an der GUCP nach der vorgenommenen Nachjustage nun innerhalb der Toleranzen lag. Doch das Problem der Risse in den Stringern beschäftigte die Ingenieure noch immer. Für eine weiträumigere Untersuchung wurde der Shuttle Stack am 22.12.2010 ins Vehicle Assembly Building zurückgerollt. Mit Röntgenstrahlen wurden dann auch weitere Risse entdeckt. Diese wurden repariert und punktuell zusätzliche Verstärkungen aufgebracht. Der eigentlich nun für Anfang Februar 2011 angestrebte Start mußte angesichts des Umfangs der Arbeiten weiter verschoben werden, jetzt auf den 24.02.2011. Tatsächlich konnte dieser Termin eingehalten werden, obwohl ein Computerproblem beim 45 th Space Wing die Nerven strapazierte. Mit nur noch zwei Sekunden verbleibend konnte der Countdown aus dem T –5 min Halt wieder aufgenommen werden. Eben rechtzeitig bevor sich das Startfenster schloß, hob die „Discovery“ am 24.02.2011 um 21:53 UTC zu ihrer letzten Mission ab. An Bord Kommandant Steven Lindsey, Pilot Eric Boe und die Missionsspezialisten Nicole Stott, Alvin Drew, Michael Barratt sowie Stephen Bowen. Eigentlich war Timothy Kopra als vierter Missionsspezialist vorgesehen gewesen, hatte sich aber im Januar 2011 bei einem Fahrradunfall verletzt. So flog mit Bowen erstmals ein NASA Astronaut auf zwei aufeinander folgenden Missionen. Die Nutzlast bei „Discovery“ F-​39  bestand hauptsächlich aus dem Permanent Multipurpose Module (PMM) „Leonardo“. Dabei handelte es sich um das vormalige Multi-​Purpose Logistics Module (MPLM) gleichen Namens. Drei dieser Space Shuttle Frachtmodule zur Versorgung der ISS waren als italienischer Beitrag zur ISS hergestellt worden. Angesichts des nahen Endes des Shuttle Programms kam aus Europa der Vorschlag, eines der MPLMs mit einem verbesserten Mikrometeoritenschutz und Klimatisierung auszurüsten, so daß es dauerhaft als Raumstationsmodul an der ISS verbleiben konnte. Obwohl der Vorschlag von der NASA zunächst zurückgewiesen wurde, untersuchten die ISS Partner das Konzept weiter. Denn fest stand auch, daß die ISS bereits zu diesem Zeitpunkt ein erkennbares Defizit an Stauraum hatte. Die rund 31 m³ eines MPLM konnten hier für eine spürbare Entspannung sorgen. 2009 wurden das Konzept schließlich von der NASA akzeptiert. Für den Umbau ausgewählt wurde das MPLM 1 „Leonardo“, obwohl mit dem ungeflogenen MPLM 3 „Donatello“ ein Modul existierte, das bereits über einige Verbesserungen verfügte, die bei „Leonardo“ erst nachgerüstet werden mußten. Neben dem mit Nachschub beladenen PMM war in der Shuttle Nutzlastbucht auch ein ExPRESS Logistics Carrier (ELC) installiert. Hier waren mehrere Orbital Replacement Units (ORUs), also Ersatzteile, verstaut. Den größten Raum nahm dabei das Heat Rejection System Radiator (HRSR) Flight Support Equipment (FSE) ein. Dabei handelte es sich um ein sperriges Ersatzteil, das bei Bedarf die Reparatur eines der sechs Radiatoren der ISS ermöglichen sollte. Die größte öffentliche Aufmerksamkeit erregte aber Robonaut 2. Der humanoide Roboter bestand aus einem dem menschlichen Körper nachempfundenen Torso mit Armen und Händen. Perspektivisch war vorgesehen, mit derartige Robonauten den Astronauten bei Außenbordmanövern zu assistieren oder menschliche Aufgaben per Telepräsenz direkt zu übernehmen. R2 war dafür noch nicht geeignet. Gebaut ursprünglich als Ingenieurmodell für Tests am Boden überzeugte er bereits derart, daß er für einen Einsatz im All, im Inneren der ISS, modifiziert worden war.
Die „Discovery“ erreichte ohne Zwischenfälle die vorgesehene Umlaufbahn. Zwar lösten sich einige Brocken des Isolierschaums vom Shuttle Außentank, doch geschah das außerhalb der unteren Erdatmosphäre, war somit also voraussichtlich ungefährlich. Das bestätigten dann auch die Sensordaten, die am zweiten Flugtag mit dem Orbital Boom Sensor System (OBSS) gewonnen werden konnten. Damit war der Weg frei für das Rendezvous mit der ISS. Am 26.02.2011 um 19:14 UTC koppelte das Shuttle hier an. Zwei Stunden später wurden die Neuankömmlinge von der Expedition 26 Crew begrüßt. Wenig später wurde der ELC4 aus der Nutzlastbucht ausgeladen. Der Space Station Remote Manipulator (SSRMS) übergab den ExPRESS Logistics Carrier an das Shuttle Remote Manipulator System (SRMS). Pilot Boe manövrierte die Fracht dann zu ihrem Bestimmungsort am S3 Truss. Auch am nächsten Tag wurden die beiden Manipulatorarme ausgiebig genutzt. So mußte zunächst das OBSS aus dem Weg geschafft werden, um das „Leonardo“ Modul aus der Nutzlastbucht heben zu können. Unterdessen begannen die Missionsspezialisten Bowen und Drew mit den Vorbereitungen für ihre erste EVA während dieser Mission. Der Ausstieg begann dann am 28.02.2011 um 15:46 UTC. Bowen und Drew verlegten u.a. ein Kabel für die Stromeinspeisung ins Bordnetz zwischen den Modulen „Unity“ und „Tranquility“. Weiterhin lösten sie die im August 2010 während einer vorangegangenen Mission provisorisch gesicherte defekte Ammoniakpumpe von ihrem Platz und brachten sie zur External Stowage Platform 2 . Dann montierten sie am Steuerbord-​Truss-​Segment einen Adapter an einer dort montierten Kamera, was bei einer kommenden EVA in dem kritischen Bereich mehr Freiraum garantieren sollte. Nach dem Austausch einer Elektronikbox kehrten die beiden Astronauten in die „Quest“ Luftschleuse zurück. Wegen Problemen mit der Steuerungskonsole für das SSRMS hatte die EVA etwas länger als geplant gedauert und endete offiziell nach 6:34 h. Am 01.03.2011 erfolgte um 15:54 UTC das (permanente) Andocken des PMM „Leonardo“ am erdzugewandten Port des „Unity“ Moduls. Bis die ISS Crew das neue Stationsmodul erstmals betreten konnte, vergingen jedoch noch einige Stunden. Am 02.03.2011 wurde nicht nur mit der weiteren Ausrüstung von „Leonardo“ begonnen, auch die zweite EVA von Bowen und Drew stand auf dem Flugplan. Das um 15:42 UTC begonnene Manöver war mit einer Vielzahl kleiner Arbeiten ausgefüllt. So wurden an mehreren Stellen störendes Isolationsmaterial entfernt oder gesichert, eine Kamera am Dextre Roboter montiert, eine Leuchte angebracht u.a.m. Außerdem wurde Restammoniak aus der bei der ersten EVA umgesetzten Pumpe ins All abgelassen und die Reste des MISSE 6 Experiments vom „Columbus“ Modul demontiert und in die Nutzlastbucht der „Discovery“ transferiert. Die Zeit ließ es sogar noch zu, eine zusätzliche Aufgabe zu absolvieren. Am „Sarja“ Modul wurde ein Adapter für die russischen „Strela“ Ausleger angebracht. Nach 6:14 h war auch dieses Außenbordmanöver beendet. Um die weiteren Arbeiten ohne unnötigen Zeitdruck absolvieren zu können, hatte die NASA die Mission bereits um einen Tag verlängert. Nach der zweiten EVA fiel die Entscheidung, das Abdocken um einen weiteren Tag hinauszuschieben. Das gab den Crews auch mehr Gelegenheit, sich um Reparaturen z.B. der Carbon Dioxide Removal Assembly (CDRA) zu kümmern. Hingegen hatte die russische Raumfahrtorganisation ROSKOSMOS einem von der NASA gewünschten Fotoflug ihres Sojus TMA-​01 M Raumschiffs nicht zugestimmt. Die NASA hatte die einmalige Gelegenheit ergreifen wollen, Außenaufnahmen der Station mit angekoppelten Raumschiffen der Typen Sojus, Progress, ATV, HTV und eben auch dem Shuttle aufnehmen zu lassen. Dazu hätte die Sojus von der ISS abkoppeln und erneut anfliegen müssen. Eigentlich ein schon häufiger praktiziertes Routinemanöver. Doch mit dem neuen digitalen Sojus-​Modell war es noch nicht unternommen worden. Und nachdem es beim Anflug von Sojus TMA-​01 M einige Monate zuvor zu einigen kleineren Anomalien gekommen war, verweigerte sich ROSKOSMOS dieser Idee. Am 07.03.2011 verabschiedete die ISS letztmalig die „Discovery“. Exakt um 12:00 UTC löste sich das Shuttle von der Internationalen Raumstation, bei der es dreizehn Mal zu Besuch gewesen war. Der weitere Flug folgte jahrelanger Routine. Wechselseitige Fotodokumentation von ISS und Orbiter, Inspektion des TPS mittels OBSS, Sichern von Experimenten und Fracht, Testzündung der Triebwerke, Einklappen der Ku-​Band Antenne und Schließen der Nutzlastbucht. Das Wetter in Cape Canaveral bot gute Bedingungen und so kehrte die „Discovery“ am 09.03.2011 um 16:57 UTC zur Erde zurück. Mit einer perfekten Landung nach 307:04 h auf Runway 15 endete der neununddreißigste Flug des ältesten der noch im Einsatz stehenden Orbiter.