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die startbereite Proton-M mit KazSat 2 und SES 3
Montage von SES 3 auf dem Nutzlastadapter
KazSat 2

Mit den kontinuierlichen Verbesserungen und Leistungssteigerungen der Proton-​M Rakete erreichte diese schließlich eine Nutzlastkapazität, die den Transport von gleichzeitig zwei kleineren Kommunikationssatelliten ermöglichte. Doppelstarts mit der älteren Proton-​K Rakete hatten bisher ausschließlich dem Transport von Kommunikationssatelliten der „Jamal“ Serie gegolten. Deren konstruktive Auslegung ermöglichte jedoch nur den paarweisen Start baugleicher Satelliten. Beim Hersteller Chrunitschew begann man angesichts der neuen Möglichkeiten damit, verstärkt Überlegungen hinsichtlich der kommerziellen Vermarktung solcher Doppelstarts anzustellen. Im Gegensatz zur Ariane (und vormals auch Commercial Titan-3) setzte man dabei jedoch auch weiterhin nicht auf das Konzept einer Doppelstartstruktur. Vielmehr entwickelte man mit dem Modell „Jachta“ einen eigenen Satellitenbus, der über eine interne Struktur verfügte, die geeignet war, die beim Start wirkenden Kräfte eines aufgesetzten zweiten Satelliten problemlos aufzunehmen und an den Nutzlastadapter weiterzuleiten. Allerdings schränkte dies die Kombinationsmöglichkeiten unter den verfügbaren Nutzlasten noch immer deutlich ein. Der erste nach diesem Schema gebaute kommerzielle Satellit, KazSat 1, fand letztlich auch keinen Partner und wurde solo auf einer Proton-​K gestartet. Für seinen Nachfolger KazSat 2 hingegen konnte mit SES 3 ein geeigneter Partner gewonnen werden. Doch der für Ende 2010 geplante Start mußte um mehrere Monate verschoben werden, nachdem befürchtet werden mußte, daß beim Bau von KazSat 2 minderwertige elektronische Bauteile verwendet worden waren — ein Problem, dem eine Vielzahl der Ausfälle russischer Satelliten in jüngster Zeit zugeschrieben worden waren. Schließlich wurde der Countdown für einen Start im Juli 2011 aufgenommen. Nach mehreren kleineren Verschiebungen des endgültigen Termins hob die Proton-​M 8K82KM mit Bris-​M 14S43  Bugsierstufe schließlich am 15.07.2011 von Baikonur ab. Die Nutzlastkapazität dieses Phase III Proton-​M Modells erzwang jedoch die Nutzung einer ungewöhnlichen 48° Transferbahn. Auch mußte der erste der beiden Satelliten, SES 3, vergleichsweise früh ausgesetzt werden. Nach fünf Zündungen der Bris-​M Stufe wurde SES 3 schließlich auf der Transferbahn ausgesetzt. Eine sechste Zündung brachte KazSat 2 dann direkt auf seine geostationäre Bahn.
Der von der Orbital Sciences Corporation gebaute Star-2.4  Satellit SES 3 stammte aus einem Auftrag, den im Mai 2007 ursprünglich SES Americom erteilt hatte. Wobei der dritte Satellit aus diesem Kontrakt zunächst als Reserveexemplar am Boden startbereit eingelagert werden sollte. Anfang 2010 gingen die drei AMC Replacement (AMC R) Satelliten an SES World Skies über und wurden in SES 1 bis SES 3 umbenannt. Der nun gestartete SES 3 manövrierte mit seinem IHI BT-​4  Antrieb aus der Transferbahn auf einen geostationären Orbit und wurde über 103° West stationiert. Dort sollte er ab 2012 den Satelliten AMC 1 ablösen. Mit jeweils 24 C-​Band bzw. Ku-​Band Transpondern bot er die identische Kapazität seines Vorgängers, der nach 15 Jahren das Ende seiner garantierten Lebensdauer erreichte. Angesichts einer unerwartet stark gestiegenen Nachfrage im Mittleren Osten und Südasien wurde Ende 2011 jedoch die Entscheidung getroffen, AMC 3 neu über 108,2° Ost zu positionieren. Mitte Dezember 2011 wurde das Manöver eingeleitet und Anfang Februar 2012 abgeschlossen. Als sich der von US Regierungsstellen vorhergesagte Bedarf an Ku-​Band Kapazitäten nicht wie gewünscht entwickelte, ergriff SES die Gelegenheit, den Satelliten wieder auf 103° West zurückzuversetzen, um dem kanadischen Unternehmen Ciel Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Dieses vermarktete die Ka-​Band Transponder des Satelliten fortan unter dem Namen Ciel 6i.
KazSat 2 war von der Bris-​M Stufe direkt auf eine geostationäre Bahn befördert worden. Nach dem Desaster mit seinem Vorgänger, der aufgrund einer Vielzahl technischer Probleme viel zu früh ausgefallen war, hatte GKZ Chrunitschew beim Bau des Ersatzsatelliten verstärkt auf westliche Bauteile gesetzt. Gewollt oder nicht, kaufte man aber in einigen Fällen nicht für den Raumfahrteinsatz qualifizierte Komponenten eher minderer Qualität in Asien. Nachdem mehrere russische Satelliten laut halboffiziellen Quellen aufgrund des Einsatzes solcher Bauteile ausgefallen waren, mußten ganze Systeme von KazSat 2 einer aufwendigen Rezertifizierung unterzogen werden. Kasachstan wollte auf keinen Fall das Risiko eines vorzeitigen Ausfalls seines nationalen Prestigeprojekts eingehen. Und auch für Chrunitschews Renommee wäre dies fatal gewesen. Doch diesmal konnte der Satellit problemlos in Dienst gestellt werden. Stationiert über 86,5° Ost verfügte er über 12 Ku-​Band Transponder für allgemeine Kommunikationsdienstleistungen und 4 weitere Ku-​Band Transponder für den Fernsehdirektempfang. Die Kommunikationsnutzlast war unter Beteiligung von Thales Alenia Space realisiert worden.