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die Taurus-XL mit dem Glory Satelliten
Glory auf dem Nutzlastadapter

Ein unerwartetes und sehr unwillkommenes Déjà-​vu-​Erlebnis hatten die Beobachter des Starts einer Taurus-3110 Rakete am 04.03.2011 auf der Vandenberg AFB. Primäre Nutzlast der Rakete war der Klimaforschungssatellit Glory. Die Ausrüstung des Satelliten umfaßte zwei Hauptinstrumente: den Aerosol Polarimetry Sensor (APS) und den Total Irradiance Monitor (TIM) ergänzt von einem Cloud Camera Sensor Package. TIM war bereits 2003 auf dem SORCE (Solar Radiation and Climate Experiment) Satelliten zum Einsatz gekommen und half, solare Einflüsse auf das globale Wettergeschehen zu bestimmen. Ziel war es, diese klar von den menschgemachten Klimaänderungen zu trennen. Mit dem APS hingegen sollte die Aerosolkonzentration in der Atmosphäre gemessen werden. Vorgesehen war eine fünfjährige Mission innerhalb des sogenannten „A-​Train“ von Erderkundungssatelliten, die ausreichend Zeit bieten sollte, lokale und saisonale Einflüsse wie auch großräumige Phänomene (El Niño) und Vulkanausbrüche innerhalb der globalen Daten zu untersuchen. Die Instrumente wurden in einen LEOStar Bus integriert, der ursprünglich für den VCL (Vegetation Canopy Lidar) Satelliten vorgesehen gewesen war. Dieses Projekt war jedoch wegen anhaltender Probleme mit dem Hauptinstrument, dem Multi-​Beam Laser Altimeter (MBLA) abgebrochen worden. Auch das Glory Programm verzögerte sich mehrfach. Anfang 2005 wurde wegen der ungesicherten Finanzierung sogar die Einstellung der weiteren Entwicklung verfügt. Anhaltender Druck der Öffentlichkeit und der Wissenschaftler erzwang später eine Revision dieser Entscheidung. War der Start nach Überwindung dieser Probleme ursprünglich für das Frühjahr 2010 geplant gewesen, mußte er weiter auf den Herbst 2010 verschoben werden. Dann wurden auch noch Probleme mit dem Mechanismus eines der beiden Sonnenkollektoren entdeckt. Es wurde eine gründliche Überprüfung angeordnet, was den Starttermin auf Anfang 2011 rutschen ließ. Schließlich konnte am 23.02.2011 der Countdown aufgenommen werden. Doch in der letzten Phase kam es zu einem zunächst unverständlichen Problem, als von der Bodenausrüstung ein Kommando an die Rakete gesendet wurde, das so keinen Sinn ergab. Nachdem die Ursache gefunden war, konnte am 04.03.2011 ein neuer Startversuch unternommen werden. Und diesmal hob die Rakete planmäßig ab. Doch wenige Minuten später machte sich Enttäuschung breit. Die Nutzlastverkleidung hatte sich nicht gelöst, die Oberstufen mit der Nutzlast stürzten ins Meer. Damit wiederholte sich das Szenario, unter dem bereits der vorangegangene Taurus-​XL Start gescheitert war. Im Februar 2009 war der OCO Satellit, das Orbiting Carbon Observatory, unter ähnlichen Umständen verlorengegangen. Das hatte maßgeblich zu den Verzögerungen bei Glory beigetragen. In der Konsequenz war das Trennsystem der Nutzlastverkleidung grundlegend umkonstruiert worden, obwohl der Fehlermechanismus nie komplett hatte aufgeklärt werden können. Einige der Modifikationen waren zwischenzeitlich auch bei Starts von anderen OSC Raketen erfolgreich erprobt worden. Der Fehlstart kam daher nicht nur für die NASA Wissenschaftler, sondern auch für die Techniker, vollkommen überraschend. Erst acht Jahre später erbrachte eine intensive Untersuchung der Unfälle ein überraschendes Ergebnis. Demnach hatte ein namhafter Zulieferer für Aluminiumhalbzeuge, die Sapa Profiles Inc., fast zwei Jahrzehnte lang Prüfzertifikate für seine Produkte gefälscht und (u.a.) die Orbital Sciences Corporation mit ungeeignetem und nicht zertifizierten Material beliefert. Das Unternehmen wurde zur Zahlung von 46 Mio. $ Schadenersatz an seine Kunden verurteilt — bei einem Verlust vom mehr als 700 Mio. $ allein für die beiden NASA Missionen!
Neben dem Glory Satelliten sollte die Rakete noch einen P-​Pod (Poly Picosatellite Orbital Deployer) für drei Piko-​Satelliten transportieren. Dabei handelte es sich um E1P, KySat 1 und Hermes. E1P (Explorer 1 Prime) war im Auftrag des Montana Space Grant Consortium im Space Science and Engineering Laboratory (SSEL) der Montana State University entwickelt worden. Der Satellit sollte eine Mission zu Ehren des 50. Jahrestages des Starts von Explorer I, des ersten US Satelliten, fliegen. Dazu war er wie sein großes Vorbild mit einem Miniatur-​Geigerzähler ausgestattet worden, um Strahlungsmessungen im Erdorbit zu unternehmen. Der Abruf auch der Meßdaten wäre dabei Amateurfunkern in der ganzen Welt möglich gewesen. KySat 1 basierte ebenfalls auf dem typische CubeSat-​Design. Er wurde von Kentucky Space, einer nicht-​kommerziellen Vereinigung von Instituten aus Kentucky, im Rahmen des neuen NASA Educational Launch of Nanosatellites Programms (ELaNA) entwickelt und gebaut. Der Satellit hatte eine Miniaturkamera und einen gewöhnlichen 2,4 GHz Sender an Bord, mit dem die Datenübertragung in diesem lizenzfrei zu nutzenden Bereich des S-​Bandes erprobt werden sollte. Mit dem Projekt wollten NASA und Kentucky Space das Interesse von Kindern im Kindergarten– bis Grundschulalter für Technik und Raumfahrt wecken. Ebenfalls für das ELaNA Programm war im Sommer 2007 der Hermes CubeSat Entwurf der University of Colorado in Boulder ausgewählt worden. Diese Universität beteiligte sich am Colorado Space Grant Consortium (COSGC), einer Vereinigung von dreizehn Colleges, Universitäten und Instituten aus Colorado. Hermes war der erste Picosat, der im Rahmen dieser Kooperation dort entstanden war. Mit ihm sollte ebenfalls die Hochgeschwindigkeits-​Kommunikation im S-​Band erprobt werden. Schwerpunkt war aber eigentlich das Training von Studenten beim Bau und Betrieb des Satelliten sowie die Förderung des Interesses von Schülern an wissenschaftlichen Themen.