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Christopher Cassidy während der EVA vom 11.05.2013
Christopher Cassidy und Thomas Marshburn bei ihrer außerplanmäßigen EVA

Der Kommandant der ISS, Chris Hadfield, meldete sich am Nachmittag des 09.05.2013 im Kontrollzentrum Houston mit einer beunruhigenden Nachricht. Die Crew hatte demnach einen kontinuierlichen Strom von „Schneeflocken“ ausgemacht, dessen Ursprung irgendwo im Bereich des P6 Truss der Station liegen mußte. Hier befand sich bekanntermaßen ein Leck im Ammoniak-​Kühlsystem der ISS, das man vor noch gar nicht langer Zeit bei einem Außenbordmanöver zu reparieren versucht hatte. Der stetige Druckverlust hatte sich nach dem Einsatz scheinbar auch verringert. Doch nun bestätigten auch die Sensordaten eine zunehmende Leckrate. Berechnungen zeigten, daß, sollte sich die Situation nicht ändern, voraussichtlich innerhalb von 48 Stunden der betroffene Kühlkreislauf heruntergefahren werden mußte. Eine unmittelbare Gefahr für die Besatzung und die Station bestand dadurch nicht. Doch waren Einschränkungen in der Energieversorgung und damit bei den laufenden Experimenten unvermeidlich. Ungewohnt kurzfristig entschied sich die NASA daher zu einem außerplanmäßigen Außenbordmanöver. Werkzeuge und Ersatzteile befanden sich an Bord, ebenso zwei gut trainierte Astronauten. Christopher Cassidy und Thomas Marshburn hatten im Sommer 2009 eine gemeinsame EVA unternommen. Obwohl Marshburn gerade in den letzten Vorbereitungen zur seiner für den 14.05.2013 geplanten Rückkehr zur Erde steckte, waren beide Astronauten nun innerhalb weniger Stunden bereit für den Außeneinsatz. Im Neutral Buoyancy Laboratory in Houston war der Austausch der PFCS (Pump Flow Control Subassembly) Einheit unterdessen geprobt worden, so daß Hilfestellung vom Boden aus möglich war. Am 11.05.2013 um 12:44 UTC verließen Cassidy und Marshburn schließlich die „Quest“ Luftschleuse und inspizierten die PFCS Box, konnten aber kein Leck erkennen. Dennoch entschied die Flugleitung, die Einheit gegen ein Reserveexemplar auszutauschen. Die Arbeiten verliefen ohne Komplikationen. Jedoch mußte mit großer Vorsicht gearbeitet werden, um eine Kontamination der Raumanzüge mit Ammoniak zu vermeiden. Nach dem gelungenen Austausch beobachteten die Astronauten die Installation, während vom Boden aus die Pumpen wieder angefahren wurden. Auch jetzt waren keine Flocken sichtbar. Der Erfolg oder Mißerfolg der Aktion würde aber erst nach Wochen sicher feststellbar sein. Cassidy und Marshburn kehrten unterdessen nach 5:30 h in die Luftschleuse zurück und beendeten ihre EVA. Für den überaus populären „Commander Hadfield“ endete mit der Nachbereitung dieser Mission hingegen seine aktive Astronautenlaufbahn. Mit seiner unkonventionellen Art, Videodokumentationen vom Leben auf der ISS und schließlich der genialen Interpretation von David Bowies Song Space Oddity hatte er sich aber um die Förderung des Raumfahrtgedankens sehr verdient gemacht.