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die Atlas-V mit OA-4 auf SLC41
„Cygnus“ OA-4 beim Rendezvous mit der ISS

Nach dem Verlust der ersten Antares-130 Rakete mit dem „Cygnus“ Frachtraumschiff SS „Deke Slayton“ im Oktober 2014 geriet die Orbital Sciences Corporation in ernste Schwierigkeiten, ihren Vertrag zur Versorgung der ISS zu erfüllen. Die Zweifel an der Zuverlässigkeit der eingekauften Erststufentriebwerke aus Sowjetzeiten hatten sich zudem massiv verstärkt. Letztlich war es unbedeutend, ob grundlegende Konstruktions– oder Fertigungsmängel, Alterungserscheinungen oder Mängel bei der Überarbeitung der Triebwerke durch Aerojet-​General ursächlich waren. Das Vertrauen in das AJ26-​62  (NK-​33) Triebwerk war nachhaltig zerstört. Relativ schnell entschied man sich daher bei OSC dafür, eine Antares mit anderen Triebwerken aufzulegen (mangels geeigneter Triebwerke aus US-​Produktion fiel die Wahl wieder auf ein russisches Modell). Die Lücke bis zur Verfügbarkeit der Antares-230 sollten zwei Flüge der überarbeiteten „Cygnus“ auf Atlas V Mod. 401  Raketen des eigentlich konkurrierenden Startanbieters ULA füllen. Diese Wahl erlaubte es zudem, nicht nur das Frachtvolumen zu steigern, sondern auch die Nutzlast. Leichtere Solarzellen eines neuartigen Designs verbesserten die Leistungscharakteristika des Raumschiffs weiter. In einer vergleichsweisen kurzen Zeitspanne gelang es den beteiligten Unternehmen, alle notwendigen Anpassungen vorzunehmen und die neue Raketen/Nutzlast-​Kombination startbereit zu bekommen. Auch die NASA vertraute weiterhin der OSC und vergab 2015 neue CRS (Commercial Resupply Services) Missionen an das Unternehmen, wobei diesem freigestellt wurde, die Frachtraumschiffe mit Antares oder Atlas V zu starten. Am 06.12.2015 um 21:45 UTC hob die Atlas V mit dem SS „Deke Slayton II“ getauften „Cygnus“ Frachter von Cape Canaveral ab — nach drei wetterbedingten Abbrüchen des Countdowns seit dem 03.12.2015. Die Atlas unterstrich auch diesmal ihren tadellosen Ruf, ebenso perfekt verliefen die Operationen der „Cygnus“, trotz der nicht unerheblichen Designänderungen. Am 09.12.2015 um 11:19 UTC wurde die „Cygnus“ auf ihrer Parkposition unterhalb der ISS vom Manipulatorarm gegriffen und zur Docking-​Position am „Unity“ Modul der Station umgesetzt. Das Berthing war am 09.12.2015 um 14:26 UTC abgeschlossen. Insgesamt 3.349 kg, teils dringend erwarteten, Nachschubs trafen damit auf der ISS ein. Darunter auch die persönlichen Weihnachtsgeschenke für die Crew. Aber auch Nachschub für die Experimente und Ersatzteile (vor allem für die Raumanzüge). Großen Raum beanspruchten auch die neunzehn CubeSats. Dabei handelte es sich um zwölf Satelliten für die Flock-2e Konstellation von Planet Labs, AggieSat 4 und Bevo 2 für das LONESTAR Programm, CADRE (CubeSat investigating Atmospheric Density Response to Extreme driving) von der University of Michigan, MinXSS (Miniature X-​ray Solar Spectrometer) von der University of Colorado in Boulder, die beiden NODeS (Network & Operation Demonstration Satellite) des NASA Ames Research Center, STMSat 1 von Schülern der St. Thomas More Elementary School und schließlich das SIMPL (Satlet Initial-​Mission Proofs and Lessons) Nanosatelliten-​Paket von NovaWurks. Erst später wurde bekannt, daß die „Cygnus“ wohl auch den ¼U CubeSat SNAPS (Stanford Nano Picture Satellite) an Bord gehabt hatte. Dieser sollte einmal HD (1080p) Aufnahmen anderer CubeSats liefern und die Fotos automatisch nach bestimmten Merkmalen auswerten. Er wurde am 27.10.2017 zusammen mit dem größeren SIMPL ausgesetzt. Vermutlich weil sich der Muttersatellit aber nicht aktivierte, konnte SNAPS nicht von diesem getrennt werden und beide Satelliten verglühten schließlich gemeinsam.