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Rocket Lab Electron Start am 21.01.2018
die rot glühende Düse des „Rutherford“ Oberstufentriebwerks

Nach einem knapp gescheiterten Jungfernflug, der nichtsdestotrotz einigen Korrekturbedarf offenbart hatte, vergingen acht Monate bis zum nächsten Start der Electron Rakete des neuseeländischen Unternehmens Rocket Lab. Typisch für die Unternehmenskultur eines so jungen Start-​Up trug auch die zweite Mission wieder einen vielsagenden Namen: „Still Testing“ (nach „It’s a Test“ bei der Premiere). Nach dem Fehlstart im Mai 2017 hatte man ursprünglich eine Wiederholung wenige Wochen später angekündigt. Dann nahm man sich aber doch die Zeit für eine sehr gründliche Fehleranalyse. Schließlich war Rocket Lab im Dezember 2017 bereit für den zweiten Start. Kleinere technische, meteorologische und organisatorische Probleme erzwangen eine mehrfache Neuansetzung des Termins. Schließlich fiel die Entscheidung, dem erschöpften Team keinen neuen Countdown mehr zuzumuten und erst im Januar die Startkampagne wieder aufzunehmen. Nach 24-​stündigem Warten auf bessere meteorologische Bedingungen hob die Rakete am 21.01.2018 von dem auf der Māhia Halbinsel auf der Nordinsel Neuseelands gelegenen Startkomplex ab. Um die Nutzlasten war lange ein Geheimnis gemacht worden. Schließlich wurden aber die beiden Lemur 2  Satelliten „Tallhamn-​ATC“ und „Marshall“ sowie Dove Pioneer gebucht. Die beiden Lemur verstärkten die Konstellation der Spire Inc. und verfügen wie üblich über das STRATOS Instrument zu GPS Radio-​Okkultationsmessungen und die SENSE AIS Nutzlast zur Lokalisierung von hochseegehenden Schiffen. Tatsächlich handelte es sich aber primär um eine Demonstration, zählten doch Auffrischungsstarts für CubeSat Konstellationen zu dem Marktsegment, auf das die Electron zielte. Die erzielte Bahnhöhe lag zwar im Mittel um 500 km, der Unterschied zwischen Perigäum und Apogäum fiel mit 40 bis 50 km jedoch recht groß aus. Tatsächlich überraschte die Bahnform aber zunächst, bis Rocket Lab bekanntgab, daß unangekündigt eine kleine Flüssigkeits-​Drittstufe zum Einsatz gekommen war, um die Bahn zu zirkularisieren. Ein dritter Satellit, Dove Pioneer, repäsentierte den Standard CubeSat-​Typ eines anderen großen Flottenbetreibers. Planet Labs setzte seine Dove Satelliten in verschiedenen Flock Konstellationen ein. Sie lieferten hochauflösende Erderkundungsdaten. Auch sie operierten normalerweise auf Kreisbahnen zwischen 400 und 600 km Bahnhöhe. Dove Pioneer war jedoch auf einer exzentrischen Bahn ausgesetzt worden. Diese ähnelte der der instrumentierten zweiten Raketenstufe. Nach der Bekanntgabe des gelungenen Starts verging noch einige Zeit, bis Rocket Lab Gründer und CEO Peter Beck auch noch die Existenz eines vierten Satelliten bestätigte. Ein hoch-​reflektives Prisma sollte als hell leuchtender künstlicher „Stern“ am Nachthimmel inspirierend wirken. Unter Astronomen fand „Humanity Star“ weniger begeisterte Anhänger. Bei einer erwarteten Lebensdauer bis zum Wiedereintritt von neun Monaten hielten sich die möglichen Beeinträchtigungen ihrer Arbeit aber wohl ebenso in Grenzen wie die Denkanstöße, die der Satellit tatsächlich gab (und von denen Beck gesprochen hatte). Unbestritten blieb hingegen die Leistung von Rocket Lab, innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit und mit überschaubarem Budget eine einsatzfähige Trägerrakete für Kleinsatelliten entwickelt zu haben. Vergleichbares hatte zuvor erst SpaceX mit seiner Falcon 1 unternommen. Doch dort hatte man die kleine Rakete nur als Entwicklungsmuster auf dem Weg zur weitaus größeren Falcon 9 gesehen. Dank innovativer konstruktiver Details hoffte Rocket Lab dagegen, das Marktsegment der Kleinsatelliten auch ohne Wiederverwendung erfolgreich dominieren zu können. Das gelang dem Unternehmen dann auch tatsächlich. Doch das Marktsegment erwies sich nicht also so groß wie erwartet und die Gewinne blieben hinter den angestrebten zurück. Daher stieg auch Rocket Lab in die Entwicklung einer größeren Rakete („Neutron“) ein.