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Atlas-​LV3 Agena-​A

Trägerrakete

Atlas-LV3 Agena-A

Von den Ende der 1950er Jahre in Entwicklung befindlichen Langstreckenraketen Thor, Atlas und Titan wählte die USAF die beiden ersten Modelle als Satellitenträger aus. Als problematisch erwies sich dabei die Wahl der Oberstufe(n). Verfügbar waren zunächst nur die Oberstufen der Vanguard Rakete. Weder deren Zuverlässigkeit noch die Leistung überzeugte die USAF, die dringend auf der Suche nach einer neuen Oberstufe für ihre zahlreichen WS-​117 L Satellitenprogramme war. Hinsichtlich eines geeigneten Triebwerks wurde man immerhin bald fündig. Da die USAF die dichte Luftabwehr um die sowjetischen Großstädte fürchtete, ließ sie für ihren neuen B-​58  „Hustler“ Bomber eine sogenannte „Abstandswaffe“ entwickeln, eine Art Marschflugkörper, der in gebührendem Abstand ausgeklinkt werden sollte. Ihr turbopumpenbetriebenes Bell XLR-​81 BA-​3  Mod. 8001 Triebwerk wurde von Lockheed in eine neue Oberstufe integriert. Diese trug zunächst den inoffiziellen Namen „Hustler“, in Erinnerung an den Ursprung der Entwicklung. Offiziell wurde sie als RM-​81  (Research Missile) bezeichnet. Auch der Treibstoffkombination JP-​4/IRFNA blieb man zunächst treu. Nur einmal wurde dieses Modell eingesetzt, in Kombination mit einer Thor Grundstufe. Alle folgenden Starts verfügten bereits über das XLR-​81 BA-​5  Mod. 8048 Triebwerk, das die energiereichere Treibstoffkombination UDMH/IRFNA nutzte. Der Name der Stufe lautete inzwischen Agena-​A. Die erste Ausführung der Agena bot eine vergleichsweise bescheidene Leistung. Da ihre Nutzlasten in die Stufe integriert werden sollten, mußte die Agena eine zuverlässige 3-​Achsen-​Stabilisierung gewährleisten können. Denn die erfolgreiche fotografische Aufklärung hing ebenso von einer präzisen räumlichen Orientierung ab wie die Frühwarnung vor anfliegenden Interkontinentalraketen. Die Umsetzung dieser Aufgabe war ein Meilenstein für die Raumfahrttechnik. Das Haupttriebwerk der Agena war in der Nick– und Gierachse schwenkbar, die Rollkontrolle übernahmen kleine Gasdruckdüsen. Eine Kombination aus Gyroskopen und einem IR-​Horizont-​Sensor lieferte beim Aufstieg und im Orbit die Referenzdaten für die Orientierung der Agena. Die extrem leichte und doch stabile Struktur der Agena-​Stufe konnte dank des weitgehenden Einsatzes neuartiger Magnesium-​Thorium Legierungen realisiert werden. Extrem dünnwandige Aluminium-​Treibstofftanks wurden in die Zelle eingesetzt.
Im Gegensatz zur Thor Agena-​A kam die Atlas Agena-​A nur wenige Male zum Einsatz, bevor die neue Agena-​B Oberstufe Einzug hielt. Das lag auch daran, daß die MIDAS und SAMOS Satelliten eigentlich auf hochliegende Kreisbahnen befördert werden sollten. Das machte allerdings eine Wiederzündung des Agena-​Antriebs in der Schwerelosigkeit erforderlich. Zwar hatten Tests die grundsätzliche Eignung des Mod. 8048 Triebwerks für diesen Einsatzzweck bewiesen. Doch u.a. der zu geringe Treibstoffvorrat der Agena-​A führte zu der Entscheidung, diese Missionen mit der verbesserten Agena-​B zu fliegen. Bei den insgesamt nur vier Einsätzen wurde die Agena-​A auf eine Atlas LV-​3  (auch als LV-​3 A bezeichnet) aufgesetzt, bei der es sich um eine für Raumfahrtmissionen angepaßte Atlas-​D handelte. D.h. die LV-​3  bauten auf dem genialen „Ballontank“ Design von „Charlie“ Bossart auf, bei dem die extrem dünnwandigen Treibstofftanks zugleich die Zelle der Rakete bildeten. Der Antrieb war 1½-​stufig ausgelegt, was eine Umschreibung dafür war, daß die Rakete über drei Triebwerke verfügte, die beim Start gleichzeitig gezündet wurden. Nach etwas mehr als 2 min Flug wurden die beiden außenliegenden „Booster“ Triebwerke abgetrennt, während das „Sustainer“ Triebwerk weiter arbeitete.


Gesamtsystem
Nation USA
Bezeichnung(en) Atlas-​LV3 Agena-​A, LV-​3 Agena-​A, Atlas-​LV3 A Agena-​A, LV-​3 A Agena-​A, Atlas-​Agena A
Entwicklungszeitraum
erster Start 26.02.1960 (Fehlstart)
Einsatzzeitraum 1960 – 1961 
Stufenzahl
Gesamthöhe 26,88 m
Basisdurchmesser 3,05 m
max. Nutzmasse 1.250 kg auf LEO[3]
Leermasse
Treibstoffmasse
Startmasse 123.990 kg[3]
Startschub ca. 1.590 kN
1. Stufe
Hersteller Convair Division of General Dynamics
Bezeichnung(en) LV-​3 
Länge 20,54 m
max. Durchmesser 3,05 m
Leermasse ca. 6.860 kg
Treibstoffmasse ca. 112.360 kg
Gesamtmasse ca. 119.200 kg
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Rocketdyne MA-​2 
Treibstoff Kerosin RP-​1 + Flüssigsauerstoff
Starttriebwerke 2 × LR-​89 NA-​3 
Startschub ca. 1.335 kN
spezifischer Impuls (Seehöhe)
Brenndauer 130 s
Marschtriebwerk 1 × LR-​105 NA-​3 
Startschub 255 kN
spezifischer Impuls (Seehöhe)
Brenndauer 300 s
2. Stufe
Hersteller Lockheed Missiles and Space Co.
Bezeichnung(en) Agena A
Länge 5,80 m
max. Durchmesser 1,52 m
Leermasse ca. 635 kg
Treibstoffmasse ca. 3.045 kg
Gesamtmasse ca. 3.680 kg
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Bell LR-​81 BA-​5 (Mod. 8048)
Treibstoff UDMH + rotrauchende Salpetersäure (IRFNA)
Vakuumschub 67..69 kN
spezifischer Impuls (Vakuum) 277 s
Brenndauer 120 s
Nutzlastverkleidung (Nasenkonus)
Länge
max. Durchmesser 1,52 m

Quellen:

[1] PETER STACHE: RAKETEN, 1980 
[2] ATLAS #57D/AGENA #2101 LAUNCH REPORT, Oktober 1960 
[3] THE AEROSPACE CORPORATION: CROSSLINK, Frühjahr 2010