Im September 2005 gab die SpaceX Corp., deren selbsterklärtes Ziel die Entwicklung einer Familie von Trägerraketen war, deren niedrige Kosten die Raumfahrt revolutionieren sollten, die Entwicklung einer neuen Trägerrakete bekannt. Zu dieser Zeit stand der Erstflug der Falcon 1, dem kleinsten Modell der Baureihe noch aus (und bis zum ersten erfolgreichen Start sollten noch weitere drei Jahre vergehen). Dennoch wagte man sich mit der Falcon 9 an ein ungleich größeres Projekt. Zwar gab es bereits Pläne für eine Falcon 5 (mit fünf „Merlin“ Triebwerken in der ersten Stufe). Doch die Falcon 9 sollten nun gleich neun dieser Triebwerke antreiben.
Entwickelt wurde schließlich eine moderne zweistufige Rakete mit einer (projektierten) Nutzlastkapazität von ca. 10 Tonnen auf erdnahe Bahnen und 4,5 Tonnen auf geostationäre Transferbahnen. SpaceX gelang es, einen Großteil der Entwicklungskosten dadurch zu decken, daß man im Rahmen des COTS (Commercial Orbital Transportation Services) Programms der NASA mit Millionenbeträgen gefördert wurde und schließlich den Auftrag erhielt, Versorgungsflüge im Rahmen des Commercial Resupply Services Programms zur ISS anzubieten. So entstand eine modern ausgelegte zweistufige Rakete, die sowohl für die ISS Versorgungsflüge als auch für den Markt der Starts geostationärer Satelliten günstige Kosten versprach. Die Erststufe wurde aus einer leichten Aluminium-Lithium Legierung gefertigt, wobei der Flüssigsauerstofftank als Monococque-Konstruktion ausgelegt wurde, während der Kerosintank als vergleichsweise konventionelle Stringer/Spanten-Konstruktion entstand. Die Antriebssektion verfügte über neun kardanisch aufgehängte „Merlin 1 C“ Triebwerke (regenerativ gekühlt). Den Hydraulikdruck für das Schubvektorsystem lieferte dabei ein Hochdruck-Kerosin-System, das aus gemeinsamen Turbopumpe für die beiden Treibstoffkomponenten gespeist wurde. Eine Druckbeaufschlagung der Tanks erfolgte mit erhitztem Helium. Um die strukturellen Belastungen innerhalb vorgegebener Grenzen zu halten, wurde die Abschaltung von zwei der neun Erststufentriebwerke nach etwa 155 s vorgesehen. Ebenfalls sollte die Rakete in der Lage sein, den Ausfall eines Erststufentriebwerks zu kompensieren. Erst– und Zweitstufe wurden über einen Adapter miteinander verbunden, der aus einer Kohlefaserstruktur mit Aluminium-Kern bestand. Die Stufentrennung erfolgte mittels pneumatischer „Pusher“. Auch die Zweitstufe wurde aus einer Aluminium-Lithium Legierung im Monococque-Design gefertigt. Als Antrieb kam hier eine vakuumoptimierte Version des „Merlin“ Triebwerks zum Einsatz. Das einzelne Triebwerk verfügte über eine verlängerte Entstpannungsdüse mit einem Entspannungsverhältnis von 117:1. Ein dual-redundantes System wurde für eine sicheren Re-Start des Triebwerks vorgesehen. Die Zündung erfolgte (wie auch bei der Erststufe) hypergol durch Einspritzung von Triethylaluminum und Triethylboran (TEA-TEB). Das hydraulisch um zwei Achsen schwenkbare Triebwerk erlaubte die Stabilisierung der Oberstufe um die Nick– und Gierachse. Die Turbinenabgase wurden hingegen zur Rollkontrolle vorgesehen. Ein Reaction Control System auf Basis Monomethylhydrazin und Stickstofftetroxid mit vier „Draco“ Kleintriebwerken von je 400 N unterstützte die Lageausrichtung. Das Oberstufentriebwerk war in einem weiten Bereich zwischen 60% und 100% des Nominalschubs regelbar. Die Nutzlastverkleidung wurde als konventionelle Halbschalenkonstruktion ausgelegt, nachdem man ursprüngliche Pläne aufgegeben hatte, diese des leichteren Transports wegen dreizuteilen. Sie basierte auf Kohlefasermatten, die auf einer Wabenstruktur aufgebracht wurden. Eine Besonderheit der „Falcon“ Familie war die Möglichkeit, die erste Stufe zu bergen und für einen erneuten Start wiederaufzuarbeiten. Allerdings verringerte die Integration des Fallschirmsystems die tatsächlich mögliche Nutzlast signifikant. Der Nachweis des wirtschaftlichen Nutzens einer solchen Lösung steht bisher noch aus.
Nahezu unerwartet geriet der erste Start der Falcon 9 am 04.06.2010 zu einem großen Erfolg. Beide Stufen erbrachten den Beweis ihrer Funktion, auch wenn die zweite Stufe eine beängstigende Rollrate entwickelte. Nach monatelangen Verschiebungen des Starts war der gelungene Jungfernflug der neuen Rakete aber ein bedeutender Schub für die Befürworter der privaten kommerziellen Raumfahrt.
Gesamtsystem | |
Nation | USA (SpaceX) |
Bezeichnung(en) | Falcon 9 Block 1 |
Entwicklungszeitraum | |
erster Start | 04.06.2010 |
Einsatzzeitraum | 2010– |
Stufenzahl | 2 |
Gesamthöhe | ca. 54,3 m |
Basisdurchmesser | 3,66 m |
max. Nutzmasse | 4.540 kg (GTO@28,5°) |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | |
Startmasse | um 325.000 kg |
Startschub | 3.803 kN |
1. Stufe | |
Hersteller | SpaceX |
Bezeichnung(en) | |
Länge | |
Durchmesser | 3,66 m |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | |
Gesamtmasse | |
Antrieb | 9 Flüssigkeitstriebwerke SpaceX Merlin 1 C |
Treibstoff | Kerosin (RP-1) + Flüssigsauerstoff |
Startschub | 9×423 kN |
spezifischer Impuls (Seehöhe) | |
Nominal-Brenndauer | 170 s |
2. Stufe | |
Hersteller | SpaceX |
Bezeichnung(en) | |
Länge | |
Durchmesser | 3,66 m |
Leermasse | |
Treibstoffmasse | |
Gesamtmasse | |
Antrieb | 1 Flüssigkeitstriebwerk SpaceX Merlin Vakuum |
Treibstoff | Kerosin (RP-1) + Flüssigsauerstoff |
Vakuumschub | 427 kN |
spezifischer Impuls (Vakuum) | |
Nominal-Brenndauer | 354 s |
Nutzlastverkleidung | |
Länge | 10,90 m |
max. Durchmesser | 3,66 m |
Quellen:
[1] SpaceX: THE SPACEX FALCON 1 LAUNCH VEHICLE FLIGHT 3 RESULTS, FUTURE DEVELOPMENTS, AND FALCON 9 EVOLUTION, 2008[2] SpaceX: FALCON 9 LAUNCH VEHICLE — PAYLOAD USER’S GUIDE Rev 1, 2009