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Titan-​23G

Trägerrakete

Titan-23G

Nach der Explosion der Raumfähre „Challenger“ am 28.01.1986 geriet die US-​Raumfahrt in ihre wohl tiefste Krise. Besonders betroffen war das Pentagon, das praktisch über Nacht über keine Startmöglichkeiten mehr für seine Nutzlasten verfügte. Lediglich einige wenige konventionelle Raketen waren noch eingelagert. Und so erhielt Martin Marietta als Hersteller der Titan Raketen noch im Januar 1986 den Auftrag für eine Studie, die untersuchen sollte, inwieweit außerdienstgestellte Titan-​II ICBM’s zu Satellitenträgern umgerüstet werden konnten. Die aus dem aktiven Dienst zurückgezogenen Raketen lagerten auf der Norton AFB in Kalifornien. Sie entsprachen weitgehend dem Standard jener Raketen, die in den 60er Jahren die Grundlage für die Gemini-​Titan und Titan IIIB gebildet hatten. Damit kam die 45,2 Mio. $ Studie zu dem nicht unerwarteten Ergebnis, daß eine Konvertierung der Raketen einfach zu bewerkstelligen war. Im Oktober 1986 erhielt Martin Marietta einen Auftrag über 483,7 Mio. $ zur Aufarbeitung von 14 der für geeignet befundenen 55 (nach anderen Quellen 56) Titan-​II. Von den eingelagerten Raketen wurden die am besten erhaltenen Stufen demontiert, zum Hersteller nach Denver, Colorado überführt und dort aufgearbeitet. Die Elektronik für die Flugsteuerung wurde von der Titan-​IV übernommen und die modulare Nutzlastverkleidung der Titan-​34D aufgesetzt. Die Aufnahmevorrichtung für den Atomsprengkopf ersetzte man durch einen neuen universellen Nutzlastadapter. Innerhalb der Nutzlastverkleidung wurde auch, falls erforderlich, die Kickstufe untergebracht, die zur Nutzlast gerechnet wurde und deren Einschuß in die (meist polare) Umlaufbahn besorgte. Zum Einsatz kamen dabei zwei Modifikationen des bewährten Star-​37  Feststofftriebwerks (Star-​37 S-​ISS und Star-​37XFP-​ISS). Parallel zur Konvertierung der Raketen lief die Umrüstung des Startkomplexes SLC-​4 W in Vandenberg. Dieser war zuvor für die Titan IIIB genutzt worden und mußte daher nur wenig umgebaut werden. Seit September 1988 absolvierte die Titan-​23G genannte Rakete eine Reihe erfolgreicher Flüge, wobei mehrere geheime militärische Nutzlasten, aber auch meteorologische Satelliten und die Mondsonde Clementine befördert wurden. Pläne für einige interessante Weiterentwicklungen (u.a. Titan-​MSX mit bis zu 10 Feststoffboostern und einer Nutzlastkapazität von 3,72 t auf 185 km) wurden nicht verwirklicht und die letzten Titan-​II Raketen schließlich angesichts ihres hohen Alters zur Verschrottung freigegeben. Ein letztes bereits aufgearbeitetes Exemplar kam nicht mehr zum Einsatz, obwohl die USAF nach einer passenden Nutzlast suchte. Als schließlich das Aerozin 50 als Treibstoff auch nicht mehr verfügbar war, war ein Einsatz der Rakete wirtschaftlich nicht mehr vertretbar.


Gesamtsystem
Nation USA 
Bezeichnung(en) Titan-​23G, Titan-​2G
Entwicklungszeitraum 1986 – 1988 
erster Start 05.09.1988 
Einsatzzeitraum 1988 – 2003 
Stufenzahl
Gesamthöhe ca. 31,4 m 
Basisdurchmesser 3,05 m 
max. Nutzmasse 1.905 kg (185 km Kreisbahn@90°) 
Leermasse
Treibstoffmasse
Startmasse um 155.000 kg 
Startschub 1.913 kN 
1. Stufe
Hersteller Glenn L. Martin Co. 
Bezeichnung(en)
Länge mit Adapter ca. 21,4 m 
Durchmesser 3,05 m 
Leermasse
Treibstoffmasse
Gesamtmasse um 122.000 kg 
Antrieb 2 Flüssigkeitstriebwerke Aerojet General LR-​87 AJ-​5 
Treibstoff Aerozin 50  + Stickstofftetroxid 
Startschub 1.913 kN 
spezifischer Impuls (Seehöhe) ? 
Brenndauer (maximal) 170 s 
2. Stufe
Hersteller
Bezeichnung(en)
Länge 8,23 m 
Durchmesser 3,05 m 
Leermasse
Treibstoffmasse
Gesamtmasse um 30.000 kg 
Antrieb 1 Flüssigkeitstriebwerk Aerojet General LR-​91 – 5 
Treibstoff Aerozin 50  + Stickstofftetroxid 
Vakuumschub 445 kN 
spezifischer Impuls (Vakuum) 316 s 
Brenndauer 183 s 
Nutzlastverkleidung
Länge über Endstufe ca. 9,2 m 
max. Durchmesser 3,05 m