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die N1-L3 № 3L auf dem Startkomplex

Während die USA alle Ziele ihres bemannten Mondprogramms mit einem Raumschifftyp und einer Raketenfamilie erreichen wollten, leistete sich die Sowjetunion zwei verschiedene und teilweise sogar konkurrierende Programme. Für die Mondumrundung sollte eine Modifikation des Sojus Raumschiffs mit der Proton Rakete eingesetzt werden. Dagegen waren die Starts mit der Mondlandekombination auf der neuen Herkules Rakete N1-​L3 11A52  geplant. Deren Entwicklung verlief jedoch unter sehr ungünstigen Rahmenbedingungen. Zunächst mußte Sergej P. Koroljow das im Raketen-​Triebwerksbau unerfahrene Konstruktionsbüro von Nikolai D. Kusnezow mit der Entwicklung der Triebwerke für die N-​1  beauftragen. Vielfältige Schwierigkeiten bei der Entwicklung, geänderte Anforderungskataloge und der Tod von Koroljow verzögerten das Programm immer wieder. Insbesondere fehlte es an einer ausreichenden finanziellen Unterstützung. Dennoch war die erste N1  Rakete im März 1968 startbereit. Während der Startvorbereitungen entdeckten Techniker jedoch Mikrorisse im Bereich der ersten Stufe. Daraufhin mußte die Rakete in die Montagehalle zurückgebracht, teilweise demontiert und repariert werden. Bis die Startvorbereitungen im November 1968 wieder aufgenommen werden konnten, erlebten die sowjetischen Raumfahrtexperten eine Reihe von Fehlschlägen im Sond Programm zur Vorbereitung der bemannten Mondumrundung. Nun bereiteten die USA mit Apollo 8 für den Dezember 1968 die bemannte Mondumkreisung vor. Der Versuch, den USA mit einer unbemannten N1  Mission zuvorzukommen, mußte wegen technischer Probleme Ende 1968 jedoch aufgegeben werden. Obwohl die USA nach dem Erfolg von Apollo 8 wohl nur noch bei einem katastrophalen Fehlschlag bei einer der folgenden Missionen zu schlagen waren, liefen die Vorbereitungen für den Start der N1  in Baikonur weiter. Am 21.02.1969, dem „Tag der Sowjetarmee“ (und gleichzeitig dem letzten Tag des aktuellen Startfensters zum Mond), hob endlich die erste N1  Rakete ab. Es war zugleich der erste Test der kompletten ersten Stufe, da aus finanziellen Gründen kein Teststand für die gewaltige Konstruktion mit ihren 30 Triebwerken vom Typ NK-​15  gebaut werden konnte. Zunächst hob die Rakete mit dem Testraumschiff Sojus 7 K-​L1 A, bekannter als L3 S, scheinbar perfekt vom Startkomplex ab. Nach wenigen Sekunden wurde jedoch ein Feuer in der Hecksektion der Rakete sichtbar und nach nur 69 s schaltete das Kontrollsystem KORD in 14 km Höhe alle(!) Triebwerke ab. Das Rettungsraketensystem SAS brachte die Nutzlast in Sicherheit (funktionierte aber wohl auch nicht ganz wie vorgesehen), während die Rakete 45 km (nach anderen Quellen 52 km) entfernt aufschlug und explodierte. Bei der Auswertung der Telemetriedaten stellte sich heraus, daß bereits 0,37 s vor dem Abheben durch einen falschen Befehl das Triebwerk #12 abgestellt wurde, worauf das Kontrollsystem KORD auch das gegenüberliegende #24 abschaltete. Nach etwa 25 s strömte aus einem Leck an Triebwerk #28 Sauerstoff aus und vermischte sich mit dem Treibstoff zu einem explosiven Gemisch. Das entstandene Feuer wurde vom KORD nicht schnell genug registriert und bekämpft. Trotzdem stieg die Rakete weiter auf der berechneten Bahn auf, bis das Feuer die Bordelektronik erreichte. Als diese ausfiel, erteilte das KORD-​System den Befehl zur Abschaltung aller Triebwerke. Ursache des Fehlstarts waren letztlich die unzuverlässigen NK-​15  Triebwerke, die beim Start unwahrscheinlichen Vibrationsbelastungen von bis zu 450 g ausgesetzt gewesen waren und das Kontrollsystem KORD.
Der Fehlstart wurde mit größter Geheimhaltung behandelt. Dennoch bekamen britische Geheimdienstquellen Kenntnis von dem Vorfall. Die amerikanische CIA „verpaßte“ dagegen das Ereignis und widersprach viele Jahre später sogar noch immer Berichten darüber.